Politik

S21-Protest-Camp ist geräumt Bagger bahnen sich ihren Weg

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Bagger räumen die Zeltstadt.

(Foto: REUTERS)

Ist das nun das letzte Gefecht? Die Polizei räumt den Schlossgarten in Stuttgart. Die Beamten tragen Gegner des umstrittenen Bahnhofs weg, einige Demonstranten müssen sie aus Betonbetten freischneiden. In Kürze sollen dann die bis zu 200 Jahre alten Bäume des Gartens fallen. Die Demonstranten kündigen dennoch an: Sie wollen weitermachen.

Das Protest-Camp der Stuttgart-21-Gegner ist geräumt. Die Polizei drang in das Lager im Schlossgarten ein und riegelte das Gelände in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs ab. Gegen 6.45 Uhr durchbrachen die Einsatzkräfte eine gut einen Meter hohe Barrikade aus Paletten und Müll. Mehrere Demonstranten, die auf Bäume geklettert waren, wurden heruntergeholt. Rund 50 Gegner des Bahnprojekts wurden von dem abgeriegelten Gelände neben dem Hauptbahnhof getragen, wo die Baugrube ausgehoben werden soll. Rund 2000 Beamte waren im Einsatz.

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Polizisten holen Demonstranten von den Bäumen.

(Foto: REUTERS)

Polizeipräsident Thomas Züfle sagte, die Stimmung sei angespannt, aber nicht aggressiv gewesen. Ihm sei keine brenzlige Situation bekannt. Wegen Besitzes von Pyrotechnik habe es eine Festnahme gegeben. Zudem setzten einige Beamte laut Polizeisprecher Olef Petersen Schlagstöcke ein, als S21-Gegner partout nicht hätten zur Seite gehen wollen. "Aber das war wirklich sehr vereinzelt."

Züfle zeigte sich "äußerst zufrieden". Der Einsatz am Mittwoch sei viel friedlicher abgelaufen als bei einer Fällaktion im Januar. Damals seien 70 Straftaten gezählt worden. Bei der Räumung des Schlossgartens habe man zunächst nur eine Straftat registriert.

Regierung und Polizei wollten eine wie bei den Baumfällarbeiten am 30. September 2010 vermeiden: Damals hatte die Polizei Wasserwerfer und Pfefferspray eingesetzt; mehr als 100 Menschen wurden verletzt.

Kein massiver Widerstand

Die S21-Kritiker demonstrierten mit Trillerpfeifen, Trommeln und Plakaten Einige Menschen riefen "Unser Park!" und "Oben bleiben!". Sie sangen "Marmor, Stein und Eisen bricht" und den Protestsong "We shall overcome". Im Mittleren Schlossgartens hielten rund 800 Meter Gitter aufstellten. Dort hielten sich zunächst etwa 1000 Demonstranten auf. Der erwartete massive Widerstand blieb aus: Viele verließen freiwillig das Gelände.

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Die Demonstranten zeigen sich enttäuscht vom grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.

(Foto: dpa)

Am Vormittag widersetzten sich nur noch wenige S21-Gegner der Räumung des Schlossgartens. In einem Zelt des Protestcamps hatten sich zwei Demonstranten angekettet und die Ketten einbetoniert. Mit Spezialgerät wurden sie von den Ketten befreit. Nach Angaben der Polizei harrten außerdem noch 13 Projektgegner auf 6 Bäumen aus.

In den kommenden Tagen sollen im Schlosspark 108 bis zu 200 Jahre alte Bäume gefällt und 68 Bäume versetzt werden, damit der Trog für den heftig kritisierten Tiefbahnhof ausgehoben werden kann. Die Erlaubnis für die Baumfällungen läuft am 29. Februar aus. Das Eisenbahnbundesamt hatte der Deutschen Bahn nach wochenlangen Prüfungen die Erlaubnis für die Baumfällungen gegeben. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart Eilanträge von Projektgegnern abgelehnt

S21-Gegner wollen nicht aufgeben

Die S21-Gegner wollen ihren Protest gegen das Bahnprojekt fortsetzen. Die Montagsdemonstrationen sollen weitergehen, kündigte der Sprecher der "Parkschützer", Matthias von Herrmann, an. Mit dem Fällen der Bäume gehe zwar der "emotionale Aufhänger" für die Demonstrationen verloren, aber es gebe weiterhin viele ungeklärte Fragen.

Der grün-roten Landesregierung warf von Herrmann Wortbruch vor: "Die Bürgerbeteiligung ist heute Nacht endgültig ad acta gelegt worden." Der Schlichterspruch habe vorgesehen, alle gesunden Bäume im Schlossgarten zu verpflanzen. Diesen Minimalkonsens habe die Landesregierung missachtet. "Wir werden den Protest erst dann aufgeben, wenn Stuttgart 21 beendet ist.", sagte er.

Das Projekt Stuttgart 21 umfasst eine unterirdische Durchgangsstation und die Anbindung an die geplante Schnellbahnstrecke nach Ulm. Die Bahn schätzt die Kosten auf rund 4,1 Milliarden Euro. Die Grünen und andere Projektgegner halten den Bahnhofsumbau für unnötig und rechnen mit einer Kostenexplosion. In einer Volksabstimmung in Baden-Württemberg hatte sich eine Ende November für den Bau von "Stuttgart 21" ausgesprochen. Die grün-rote Landesregierung sicherte daraufhin die Umsetzung des Projekts zu. Seitdem hat sich die Lage etwas beruhigt.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa

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