Politik

Polizeieinsatz war "inakzeptabel" Breivik-Bericht übt harsche Kritik

Bombenanschlag und Amoklauf erschütterten die norwegische Gesellschaft zutiefst.

Bombenanschlag und Amoklauf erschütterten die norwegische Gesellschaft zutiefst.

(Foto: dpa)

Der Bombenanschlag in Oslo hätte verhindert, der Amoklauf des Rechtsextremisten Breivik auf Utøya früher gestoppt werden können. Das ist das für die norwegische Polizei vernichtende Urteil einer Kommission. Vor allem die Langsamkeit der Behörden wird angeprangert, aber auch Kommunikationsprobleme.

Eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung der Anschläge von Oslo und Utøya hat schwere Vorwürfe gegen die norwegische Polizei erhoben. Der Bombenanschlag im Regierungsviertel von Oslo hätte verhindert werden können, wenn die "existierenden Sicherheitsmaßnahmen effektiv angewandt worden wären", erklärte die Kommission in ihrem Bericht. Der Attentäter Anders Behring Breivik hätte zudem "früher gestoppt werden können".

Der Rechtsextremist Breivik hatte am 22. Juli 2011 im Regierungsviertel von Oslo mit einer Autobombe acht Menschen getötet. Anschließend erschoss er in einem Jugendlager der regierenden Arbeiterpartei auf der Insel Utøya 69 Menschen.

In dem Bericht einer zehnköpfigen Kommission unter Leitung der Anwältin Alexandra Bech Gjorv wird der norwegischen Polizei vorgeworfen, nach der Bombenexplosion und während des Massakers auf Utøya viel zu langsam gehandelt zu haben. "Ein schnellerer Polizeieinsatz war eine realistische Möglichkeit", schreiben die Autoren. Die Langsamkeit der Polizei in der "ersten Phase" ihres Einsatzes sei "inakzeptabel". Die Behörden seien darin gescheitert, die Menschen auf Utøya zu schützen und Breivik zu stoppen.

Einsatzregeln missachtet

Aufgeführt werden unter anderem Kommunikationsprobleme und die Missachtung von Einsatzregeln. So habe es viel zu lange gedauert, bis eine Beschreibung von Breivik und seinem Fahrzeug durchgegeben wurde. Zudem wollte die unabhängige Kommission Details zu ihren Nachforschungen veröffentlichen und Vorschläge für das künftige Krisenmanagement machen.

Der Bericht der Kommission wurde an Premier Stoltenberg übergeben.

Der Bericht der Kommission wurde an Premier Stoltenberg übergeben.

(Foto: dpa)

Bereits kurz nach den Anschlägen war die norwegische Polizei in die Kritik geraten. Zwischen der Bombenexplosion in Oslo und Breiviks Festnahme auf Utøya vergingen mehr als drei Stunden, obwohl Breiviks Name den Sicherheitsbehörden bereits bekannt war. Auf Utøya feuerte Breivik rund 75 Minuten lang auf die Teilnehmer des Jugendlagers, bevor er festgenommen werden konnte.

Laut dem Bericht vergingen 35 Minuten zwischen dem Eintreffen der ersten Polizisten aus einem örtlichen Kommissariat am Festlandufer gegenüber von Utøya und der Ankunft von Spezialeinheiten auf der Insel. Während die ersten beiden Polizisten laut Regelwerk alles hätten unternehmen müssen, um auf die Insel zu gelangen, blieben sie auf dem Festland - sie gaben an, kein Boot gefunden zu haben.

Polizei-Boot fällt wegen Überlastung aus

Als Angehörige der Polizei-Sondereinheit Delta aus dem 40 Kilometer entfernten Oslo schließlich versuchten, auf die Insel zu gelangen, fiel ihr überladenes Schlauchboot aus. Die Polizisten mussten daraufhin auf zwei Privatboote umsteigen.

In dem an Regierungschef Jens Stoltenberg übergebenen fast 500 Seiten langen Bericht schreibt die Kommission zudem, dass bereits seit 2004 geplant gewesen sei, die Straße entlang des Regierungssitzes in Oslo für den Verkehr zu schließen. Dies sei aber wegen bürokratischer Hemmnisse nicht geschehen. Breivik konnte so einen Lieferwagen mit einer 950 Kilogramm schweren Bombe direkt vor dem 17 Stockwerke hohen Regierungsgebäude parken. Stoltenberg befand sich zum Zeitpunkt des Anschlags nicht in dem Gebäude.

Das Urteil im Prozess gegen Breivik soll am 24. August fallen. Breivik plädierte auf nicht schuldig, obwohl er die Anschläge gestand. Er gab an, die 77 Menschen aus "Notwehr" getötet zu haben, um Norwegen vor fremden Einflüssen zu schützen.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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