Politik

Rebellen nehmen Soldaten gefangen Bürgerkrieg spitzt sich zu

Ein Rebellenkämpfer nahe Aleppo.

Ein Rebellenkämpfer nahe Aleppo.

(Foto: dpa)

In Syrien entwickelt sich der Bürgerkrieg immer heftiger. Die Rebellen berichten, sie hätten mehr als 100 Soldaten des Regimes in ihrer Hand. Die Waffen der Aufständischen sollen unter anderem aus der Türkei stammen. Deren Regierungschef fordert unterdessen ein internationales Vorgehen.

Syrische Rebellen haben nach eigenen Angaben in der umkämpften Stadt Aleppo rund einhundert Soldaten und regierungstreue Milizionäre gefangengenommen. In einem im Internet veröffentlichten Video sind etwa einhundert in Zivil gekleidete Menschen zu sehen, die von einem Mann gefilmt wurden, der sich selbst als Mitglied der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA) bezeichnete.

Ein regimetreuer syrischer Soldat kämpft in Damaskus.

Ein regimetreuer syrischer Soldat kämpft in Damaskus.

(Foto: dpa)

Die meisten der gefilmten Männer sagten von sich, sie gehörten zu den Regierungstruppen oder regierungstreuen Milizen. Sie stellten sich unter anderem mit ihrem Namen und militärischen Rang vor und gaben an, wo in Aleppo sie genau ergriffen wurden. Auf dem offenbar in einem Innenhof aufgenommenen Video sind auch bewaffnete Männer zu sehen, die die Gefangenen bewachen. Die Authentizität solcher Videos ist allerdings nur schwer zu überprüfen.

In der Wirtschaftsmetropole wird seit rund einer Woche gekämpft. In Erwartung einer Großoffensive der syrischen Armee gab es erste Gefechte in der zweitgrößten Stadt des Landes. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beschoss das Militär aus Helikoptern mehrere Stadtviertel, in der sich bis zu 4000 Aufständische bereit hielten. Die USA befürchten ein "Massaker" in der Stadt, die syrische Armee hat demnach zahlreiche Panzer, Kampfhubschrauber und auch Flugzeuge nach Aleppo verlegt.

Ein zur Opposition übergelaufener syrischer Ex-General forderte eine Übergangsregierung für seine Heimat. "Der Weg aus der derzeitigen Krise ist die Bildung einer Interimsregierung, die alle ethnischen Gruppen in Syrien einschließt und mit dem Militärrat zusammenarbeitet", sagte der Brigadegeneral Fajes Amr. Der so genannte Militärrat besteht aus desertierten syrischen Armee-Angehörigen, die in dem türkischen Flüchtlingslager Apaydin an einem Plan zum Sturz von Präsident Baschar al-Assad arbeiten.

Amr bemängelte zugleich die Zersplitterung der syrischen Opposition. Er könne keine "Einigkeit" unter den einzelnen Gruppierungen erkennen. Auch innerhalb der oppositionellen Freien Syrischen Armee und dem Syrischen Nationalrat gebe es "keine Einigkeit". Der Nationalrat gilt zwar im Ausland als Ansprechpartner der Opposition, hat es bisher noch nicht geschafft, die Dutzenden Splittergruppen der Rebellen unter einen Hut zu bringen. Amr kritisierte zudem eine mangelnde Unterstützung des Militärrats durch den Nationalrat.

Offenbar Waffen aus der Türkei

Der Ex-General äußerte sich zurückhaltend zu einem möglichen Erfolg der Aufständischen in der nordwestsyrischen Wirtschaftsmetropole Aleppo. Die Rebellen seien zwar vorgerückt. "Aber wir sollten nicht vergessen, wie gnadenlos das Regime ist und welche schweren Waffen es besitzt", mahnte Amr, der nach türkischen Angaben mit 26 weiteren desertierten Generälen derzeit im Flüchtlingslager von Apaydin Unterschlupf gefunden hat. Obwohl die Aufständischen in jüngster Zeit bereits 70 Prozent von Aleppo unter ihre Kontrolle gebracht hätten, gebe es in anderen Städten weiterhin "Massaker".

Die Türkei, Saudi-Arabien und Katar versorgen unterdessen die syrischen Rebellen nach Angaben von Insidern in den Golfstaaten heimlich mit Waffen. Demnach haben die drei Staaten in der südtürkischen Stadt Adana einen geheimen Stützpunkt für die Gegner von Präsident Assad aufgebaut. "Es sind die Türken, die das Sagen in dem Stützpunkt haben", sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person in der katarschen Hauptstadt Doha. In ihren Händen liege hauptsächlich Koordination und Versorgung. Die türkische Regierung bestritt, die Rebellen mit Waffen auszurüsten.

Erdogan fordert gemeinsames Vorgehen

Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat vielmehr eine gemeinsame internationale Anstrengung im Bemühen um ein Ende des Blutvergießens in Syrien gefordert. "Wir haben es hier mit einem Regime zu tun, das sein eigenes Volk tötet und massakriert", sagte Erdogan nach Gesprächen mit seinem britischen Kollegen David Cameron in London. Der UN-Sicherheitsrat, die Arabische Liga und die Organisation für Islamische Zusammenarbeit müssten gemeinsam gegen diese "entsetzliche Lage" vorgehen.

Angesichts der offenbar geplanten Großoffensive der syrischen Armee in der Metropole Aleppo sowie der jüngsten Äußerungen zu Chemiewaffen "können wir keine Zuschauer oder Beobachter" in Syrien bleiben, so Erdogan. Cameron sagte an der Seite Erdogans, die Führung um Staatschef Baschar al-Assad müsse "begreifen, dass sie illegitim und falsch" sei und die Gewalt einstellen müsse. Besonders der Westen befürchtet ein neues Massaker in der umkämpften Stadt Aleppo.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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