Vorwurf "bösartigen Verhaltens" Bundesregierung und EU stellen sich hinter Strafgerichtshof
07.02.2025, 17:43 Uhr Artikel anhören
Das Gericht verfolgt Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
(Foto: picture alliance / ANP)
Wegen angeblichen Machtmissbrauchs belegt Trump das Weltstrafgericht mit Sanktionen. In Reaktion auf das Vorgehen des US-Präsidenten sichern Deutschland und EU dem Gerichtshof ihre Unterstützung zu. Er zähle zu den "größten Errungenschaften" der internationalen Strafverfolgung. Israel sieht das anders.
Bundesregierung, EU-Kommission und eine Gruppe aus 79 Staaten haben dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) nach der Anordnung von Sanktionen durch US-Präsident Donald Trump volle Rückendeckung zugesichert. Man habe die Ankündigung Trumps zur Kenntnis genommen und prüfe die Folgen, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Es sei noch nicht klar, welche konkreten Auswirkungen die Anordnung haben werde.
Die Sprecherin würdigte den Gerichtshof in Den Haag als "eine der größten Errungenschaften des internationalen Völkerstrafrechts". Das Gericht baue auf wichtigen Prinzipien wie der Durchsetzung des Völkerstrafrechts und der Unabhängigkeit der internationalen Gerichte auf. Deutschland werde einer der größten Unterstützer des IStGH bleiben, ebenso wie die Europäer.
Bereits in der ersten Amtszeit von Trump seien ähnliche Maßnahmen ergriffen worden, sagte die Sprecherin. Damals hätten sich die IStGH-Vertragsstaaten gemeinsam hinter den Gerichtshof gestellt.
Kritik aus 79 Staaten
Auch diesmal sprachen sich bislang 79 Staaten gegen die US-Sanktionen aus. Diese erhöhten "das Risiko einer Straflosigkeit für die schwersten Verbrechen und drohen, das Völkerrecht auszuhöhlen", hieß es in einer am Sitz der Vereinten Nationen in New York veröffentlichten Erklärung. Weiter hieß es, als "leidenschaftliche Unterstützer des IStGH" bedauerten die Länder "jeden Versuch, die Unabhängigkeit des Gerichtshofs zu untergraben".
Initiiert worden war die Erklärung von Slowenien, Luxemburg, Mexiko, Sierra Leone und Vanuatu. Zu den Unterzeichnern gehören neben Deutschland und Frankreich auch Großbritannien, Südafrika, die Palästinenser, Kanada, Chile und Panama.
Trump hatte als Begründung für Sanktionen in seiner Anordnung erklärt, das Gericht habe "seine Macht missbraucht", indem es unbegründete Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den damaligen Verteidigungsminister Joav Galant erlassen habe. Der Republikaner wirft dem Gericht "bösartiges Verhalten" vor.
"Europa steht für Respekt und Recht"
Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sicherte dem Gericht ebenfalls Unterstützung zu. Der Gerichtshof müsse weiter in der Lage sein, "den Kampf gegen weltweite Straflosigkeit zu führen", schrieb sie auf X. "Europa wird immer für Gerechtigkeit und den Respekt des internationalen Rechts eintreten." Auch EU-Ratspräsident António Costa kritisierte die Entscheidung Trumps.
Das Gericht verfolgt seit 2002 schwerste Verbrechen, wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Alle EU-Staaten gehören ihm an; die USA, Israel und auch Russland hingegen sind keine Vertragsstaaten.
Das Gericht hatte im vergangenen Jahr wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg Haftbefehle gegen Netanjahu, Galant und auch damals hohe Hamas-Chefs erlassen. Die Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant waren international teils kritisiert worden, darunter auch von Trumps Amtsvorgänger Joe Biden.
Lob für Trump aus Israel
Zustimmung für die Sanktionen kam erwartungsgemäß aus Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte Trumps "mutiges" Vorgehen. Er nannte den Internationalen Strafgerichtshof auf der Plattform X "korrupt", "antiamerikanisch und antisemitisch". Die "rücksichtslose Kampagne" des IStGH gegen Israel sei ein Probelauf für Maßnahmen gegen die USA, meinte Netanjahu.
Ende Januar war ein US-Gesetzesvorhaben, das Gericht zu sanktionieren, im Kongress gescheitert. Mehrere demokratische Senatoren blockierten den Entwurf, weil sie Nachteile für US-Firmen befürchteten und entsprechende Ausnahmen forderten. Trump ordnete nun unter anderem Sanktionen gegen Mitarbeiter des Gerichts und Unterstützer an, die an Ermittlungen, Anklagen oder Haftbefehlen gegen US-Personal oder Verbündete wie Israel beteiligt sind. Vermögenswerte sollen eingefroren werden.
Quelle: ntv.de, lno/dpa