Sexualisiertes FehlverhaltenBundeswehr greift nach heftigen Vorwürfen bei Fallschirmjägern durch

Exhibitionismus, Rechtsextremismus, Mobbing: Die Liste der Vorwürfe gegen die Fallschirmjäger bei der deutschen Armee ist lang. Die Bundeswehr zieht bereits während noch laufender Untersuchungen Konsequenzen.
Nach mutmaßlichen Fällen von Rechtsextremismus, sexualisiertem Fehlverhalten und Drogenmissbrauch bei den Fallschirmjägern hat die Bundeswehr einem Sprecher des Verteidigungsministeriums zufolge bereits Soldaten entlassen und weitere Konsequenzen angekündigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 19 Soldaten.
Der Sprecher kündigte auf Nachfrage einen Aktionsplan für die Luftlandetruppe an. Dieser solle auf einem Bericht des Kommandeurs des Feldheeres Harald Gante aufbauen, der kurz vor dem Abschluss stehe und Heeresinspekteur Christian Freuding vorgelegt werden solle. Darin sollen Maßnahmen in den Bereichen Ausbildung, Führung oder Prävention vorgesehen werden, um künftige Fehlentwicklungen zu verhindern.
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte berichtet, dass im Fallschirmjägerregiment 26 im rheinland-pfälzischen Zweibrücken seit Monaten ermittelt werde. Neben Rechtsextremismus und sexualisiertem Fehlverhalten geht es demnach auch um Gewaltrituale und Drogen.
Hitlergrüße und Mobbingvorfälle
Mehreren Dutzend Beschuldigten im Regiment würden sexuelle Übergriffe und Mobbing gegen Frauen vorgeworfen. Mindestens 30 Soldaten sollen an rechtsextremen und antisemitischen Vorfällen beteiligt gewesen sein. Es geht demnach um mehr als 200 einzelne Delikte.
Unter Berufung auf Regimentsinsider berichtet die "FAZ" über "Hitlergrüße und eine angebliche Nazi-Party". Es habe in Zweibrücken eine "rechtsextreme, offen antisemitische Clique" gegeben. Frauen in der Truppe hätten Exhibitionismus erlebt und sich Pornowitze und Vergewaltigungsfantasien anhören müssen.
Der zuständige Pressesprecher der Luftlandebrigade 1 in Saarlouis sagte, solange Staatsanwaltschaft und Wehrdisziplinaranwaltschaft am Ermitteln seien, könnten keine einzelnen Sachverhalte bestätigt oder dementiert werden.
Bundeswehr spricht von inakzeptablen Vorgängen
"Als wir dahintergekommen sind, was in Zweibrücken vorgeht, waren wir schier sprachlos", sagte Gante der "FAZ". "Über die Ereignisse, aber auch über die Art und Weise, wie man damit umgegangen ist. Im Heer gilt: Schlechte Führung ist kein Dienstvergehen, wird aber nicht geduldet."
Die Vorfälle, sofern bestätigt, seien inakzeptabel, sagte der Bundeswehrsprecher. Das Ganze habe das Potenzial, das Ansehen der Bundeswehr als Ganzes zu schädigen. Rechtsextremismus und sexualisiertes Fehlverhalten würden in der Bundeswehr nicht akzeptiert.
Den Angaben zufolge sind Staatsanwaltschaft, zuständige Wehrdisziplinaranwaltschaft und Militärischer Abschirmdienst in die Ermittlungen eingebunden. Es habe erste Entlassungen gegeben und mehrfach sei ein Verbot der Ausübung des Dienstes in Uniform verhängt worden.
Die Staatsanwaltschaft Zweibrücken führt laut einem Sprecher Ermittlungsverfahren gegen 19 Bundeswehrsoldaten mit Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgrad. Dabei gehe es vor allem um mögliche Verstöße gegen das Konsumcannabisgesetz. Zudem stehen Vorwürfe der Volksverhetzung sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Raum. Das Fallschirmjägerregiment 26 umfasst rund 1700 Soldatinnen und Soldaten.