Zweifel am neuen GesetzAusschuss-Vorsitzender rechnet mit baldigem Wehrpflicht-Comeback

Der neue Wehrdienst ist kaum beschlossen, da bezeichnet ihn ein führender CDU-Politiker bereits als unzureichend. Er prophezeit eine baldige Rückkehr zur Wehrpflicht. Für die Auswahl der Rekruten wärmt er eine Idee auf, wegen der es schon einmal großen Streit gab.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Thomas Röwekamp bezweifelt, dass freiwillige Zusagen zur personellen Aufstockung der Bundeswehr ausreichen. "Ich rechne damit, dass wir noch in dieser Legislaturperiode zur Wehrpflicht zurückkehren müssen", sagte er der "Welt". Röwekamp ist Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag.
Zwar habe die Regierung mit dem Wehrdienst-Modernisierungsgesetz ein Instrument für den personellen Aufwuchs geschaffen, sagte er. "Ich habe allerdings weiterhin Zweifel, dass allein eine attraktivere freiwillige Dienstzeit reicht." Das Parlament will 2027 prüfen, ob die vereinbarten Ziele damit erreichbar sind. Laut Röwekamp müssten zusätzlich zur nötigen Aufstockung jährlich etwa 20.000 bis 30.000 Soldaten ersetzt werden, die aus der aktiven Truppe ausscheiden.
Für die Auswahl der Rekrutinnen und Rekruten im Fall einer Wehrpflicht hält Röwekamp ein Zufallsverfahren für "am transparentesten und gerechtesten". Im Oktober war eine Einigung der schwarz-roten Koalition kurzfristig geplatzt. Die Fraktionen hatten sich darauf geeinigt, junge Männer bei Bedarf per Losverfahren zum Wehrdienst zu verpflichten. Diese "Lotterie" hätte eingesetzt werden sollen, wenn sich nicht genug junge Männer und Frauen freiwillig zum Wehrdienst gemeldet hätten. Teile der SPD hatten sich gegen diese Pläne entschieden zur Wehr gesetzt.
Röwekamp begründete sein Beharren auf ein Losverfahren damit, dass körperliche Kriterien bei der Auswahl nicht mehr zeitgemäß seien: "Warum soll zum Beispiel jemand mit Übergewicht kein guter Drohnenpilot sein?", fragte Röwekamp. Auch Tauglichkeit nach prognostizierten Bedarfen zum Beispiel an IT-Experten sei bei 18-Jährigen nur schwierig festzustellen.
Der neue Wehrdienst hatte nach dem Bundestag vergangene Woche auch den Bundesrat passiert und startet zum neuen Jahr. Künftig erhalten alle 18-jährigen Deutschen einen Fragebogen zu ihrer Motivation und Eignung für die Bundeswehr. Begonnen wird im kommenden Jahr mit dem Jahrgang 2008. Männer müssen den Fragebogen ausfüllen; für Frauen ist er freiwillig.
Außerdem müssen alle Männer ab dem Jahrgang 2008 künftig zur Musterung, für Frauen bleibt auch das freiwillig. Die Reform basiert auf neuen Nato-Vorgaben wegen der erhöhten Bedrohung durch Russland. Demnach muss Deutschland bis 2035 im Krisen- und Kriegsfall rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten bereitstellen können.