Kompromissvorschlag bei Lanz Buschmann will Daten auf Vorrat "einfrieren"
06.04.2023, 04:16 Uhr Artikel anhören
Eine umfassende Vorratsdatenspeicherung führe nicht unbedingt zu besseren Aufklärungsquoten, argumentiert Buschmann.
(Foto: IMAGO/Frank Ossenbrink)
Seit etwa 20 Jahren diskutieren Politiker und Experten über den Sinn von Vorratsspeicherung in Deutschland. Bundesjustizminister Marco Buschmann ist dagegen und erklärt bei Markus Lanz, wie er die Strafverfolgung mit einem anderen Gesetz unterstützen will.
Bundesjustizminister Marco Buschmann will in bestimmten Fällen Vorratsdaten speichern. Dazu hat der FDP-Minister einen Gesetzentwurf ausarbeiten lassen. Der Referentenentwurf liegt bereits seit einem halben Jahr vor. Er regelt, dass Ermittlungsbehörden zur Verfolgung einer erheblichen Straftat wie Mord oder sexualisierte Gewalt gegen Kinder Verkehrsdaten "einfrieren" können. Daten dürfen also erst dann gespeichert werden, wenn gegen eine bestimmte Person ein Anfangsverdacht besteht.
Bei Markus Lanz im ZDF verteidigt Buschmann das Vorhaben: "Selbst die Kritiker sagen, dieses Verfahren sei zu hundert Prozent mit der Verfassung und der europäischen Gesetzgebung vereinbar." Daran seien die bisherigen Gesetze immer wieder gescheitert: "Sie schossen alle über das Ziel hinaus."
Buschmann gegen allgemeine Vorratsdatenspeicherung
Ihre Befürworter halten die Vorratsdatenspeicherung, also die Speicherung von IP-Adressen und Internetkontakten, für die einzige Möglichkeit, geplante Straftaten rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Ihre Gegner lehnen sie ab, weil sie sie für einen zu starken Eingriff in die Privatsphäre halten. Juristen kritisieren zudem, dass sie gegen die in Deutschland geltende Unschuldsvermutung verstoße. Zu den Gegnern der Vorratsdatenspeicherung gehört auch die FDP. Justizminister Buschmann sagt bei Lanz: "Ich möchte, dass das, was in der analogen Welt gilt, auch in der digitalen Welt gelten muss." Auch in der analogen Welt müsse niemand per Laufzettel täglich festhalten, wo er frühstücke, wann er zur Arbeit gehe und am Mittag einkaufe. Und: "Wir hatten doch schon eine ganz umfangreiche Vorratsdatenspeicherung. Da waren die Aufklärungsquoten schlechter."
Kurz nach der Vorlage des Gesetzesentwurfs im Oktober 2022 hatte die SPD Nachbesserungen gefordert. Seitdem diskutiert die Ampelkoalition darüber. Die SPD ist für die Vorratsdatenspeicherung, FDP und Grüne sind dagegen. Im März hatte der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings, die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs aufgefordert. In einer Bundestagsdebatte nannte er es "skandalös", dass wegen des Fehlens eines entsprechenden Gesetzes schwerste Fälle von Kindesmissbrauch nicht weitergeführt werden könnten. Die Union hatte bereits im vergangenen September einen Antrag zur IP-Adressenspeicherung gestellt, über den der Bundestags-Rechtsausschuss noch immer nicht beraten habe
Gerichte sollen Rahmen ausreizen
Die Vorratsdatenspeicherung ist nicht das einzige Thema, als Lanz mit dem Justizminister spricht. Buschmann fordert härtere Strafen bei Gewalttaten gegen Polizisten und andere Vollstreckungsbeamte und sieht hier die Gerichte am Zug. "Wir haben Strafgesetze, die eine strenge Klaviatur ermöglichen. Ich würde mir wünschen, dass die Strafrahmen schuldangemessen auch ausgereizt würden." In schweren Fällen seien Gefängnisstrafen von 10 bis 15 Jahren möglich. Diese Strafen könnten auch ausgesprochen werden, "einmal aus Respekt vor dem Gesetz, aber auch aus Respekt vor denen, die diese Gesetze schützen sollen. Darum kann ich nur an alle Gerichte appellieren: Nutzt die Strafrahmen aus, die der Rechtsstaat zur Verfügung stellt."
Gleichzeitig sei es jedoch auch wichtig, Die Gründe für die wachsende Gewalt zu erforschen, die von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausgehe. Man müsse verhindern, dass junge Menschen überhaupt auf die schiefe Bahn gerieten, so der Minister.
Quelle: ntv.de