Politik

Nach 37 Tagen auf hoher See China holt den Träger heim

Das stolze Schiff basiert im Kern auf einem Rohbau aus Sowjetzeiten, der alten "Warjag", die der Ukraine zusammen mit der kompletten Schwarzmeer-Werft der "Roten Flotte" zugefallen war.

(Foto: REUTERS)

Symbolisch ist es Chinas schärfstes Schwert, das die Oberbefehlshaber der "Volksbefreiungsarmee" nun zurück in die Scheide stecken. Pekings erster und bislang einziger Flugzeugträger kehrt in seinen Heimathafen zurück.

Der ganze Stolz der chinesischen Flotte: Am Bug der Liaoning biegt sich das Flugdeck charakteristisch nach oben. Die "Sky-Jump"-Bauweise gilt als veraltet, dafür kommt der Träger ohne Katapulte aus.

Der ganze Stolz der chinesischen Flotte: Am Bug der Liaoning biegt sich das Flugdeck charakteristisch nach oben. Die "Sky-Jump"-Bauweise gilt als veraltet, dafür kommt der Träger ohne Katapulte aus.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Der erste chinesische Flugzeugträger ist nach 37 Tagen auf See von seiner bislang längsten und heikelsten Übungsfahrt zurückgekehrt. Der Reise wird nicht nur in der chinesischen Hauptstadt enorme politische Bedeutung beigemessen: Das Kriegsschiff kreuzte auf Befehl der chinesischen Seestreitkräfte im Rahmen der mehrwöchigen Testtour auch durch umstrittene Meeresgebiete im Südchinesischen Meer.

Die Erprobung der "Liaoning" sei reibungslos verlaufen, teilte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Verweis auf Militärquellen mit. Die "Liaoning" habe die Übungsmission mit Flugzeugen, Schiffen und U-Booten "erfolgreich" abgeschlossen und sei in ihren Heimathafen Qingdao zurückgekehrt, hieß es.

Westlichen Beobachtern zufolge unterstreicht China mit dem Einsatz des Großkampfschiffes seinen Anspruch auf Vorherrschaft in der Region. Kritische Stimmen interpretieren die Übungsfahrt durch Seegebiete, die auch von anderen Staaten wie Taiwan, Südkorea oder Japan beansprucht werden, allerdings auch als einen Akt politischer Symbolik und als militärische Machtdemonstration auf See.

Komplett einsatzbereit ist das rund 305 Meter lange und rund 72 Meter breite Schiff noch immer nicht. Experten zufolge dürfte es noch Jahre dauern, bis die komplizierten Abläufe innerhalb einer Trägerkampfgruppe - zu der neben dem Flugzeugträger auch zahlreiche Schutz-, Versorgungs- und Begleitschiffe gehören - unter realistischen Bedingungen voll und ganz funktionieren. Bislang dürfte die Marine der chinesischen Volksbefreiungsarmee (People's Liberation Army, PLA) ihren Träger lediglich in Bezug auf seine nautischen Fähigkeiten und hinsichtlich des Zusammenspiels der einzelnen Kriegsschiffe innerhalb der Flotte getestet haben, heißt es in Fachkreisen. Bilder von Starts und Landungen auf Deck zeigen demnach lediglich erste Praxistests.

Und so sehen chinesische Staatsmedien das derzeit größte Großkampfschiff der PLA: Die Liaoning auf großer Fahrt.

Und so sehen chinesische Staatsmedien das derzeit größte Großkampfschiff der PLA: Die Liaoning auf großer Fahrt.

(Foto: creditmod.gov.cn)

Offiziellen Angaben aus Peking zufolge diente die Fahrt ins südchinesische Meer unter anderem der Erprobung des "Kampfsystems" und der Antriebsaggregate an Bord. "Alle Test- und Trainingsvorhaben verliefen wie geplant", hieß es. Die volle militärische Schlagkraft erreicht der Träger erst, wenn alle Systeme getestet und die Handhabung der Gerätschaften auf und unter Deck sicher eingespielt ist.

Chinas Flugzeugträgerprojekt ist keine Eigenentwicklung, sondern basiert im Kern auf russischer Technik aus dem vergangenen Jahrhundert. Der Rumpf der Liaoning war noch zu Zeiten des Kalten Krieges unter dem Namen "Warjag" für die sowjetischen Streitkräfte auf Kiel gelegt worden. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 kaufte China das noch unfertige Schiff 1998 ohne Maschinen und Waffen der Ukraine ab, die die riesigen Werftanlagen samt Trägerrohbau übernommen hatte.

Beinahe-Crash mit der US-Marine

Die "Warjag" wurde durch das Schwarze Meer, den Bosporus und das Mittelmeer nach China überführt und dort anschließend umfangreichen Modernisierungsarbeiten unterzogen. Nach jahrelangen Arbeiten im Inneren der riesigen Schiffshülle steht das Schiff seit Herbst 2012 für erste Tests zur Verfügung. Bisherigen Planungen zufolge soll die Liaoning China zunächst vor allem für Ausbildungszwecke eingesetzt werden. Die Anschaffung weiterer Flugzeugträger ist geplant. Anders als bislang geplant setzen die Chinesen ihren ersten Träger nun allerdings auch für außenpolitisch wirksame Symbolfahrten ein - eine Entscheidung, die das politische Klima in der Region weiter aufheizt.

Während der Übungstour war es Anfang Dezember fast zur Katastrophe gekommen. Ein Begleitschiff der "Liaoning" und ein Kriegsschiff der US-Marine waren sich gefährlich nahe gekommen. Dabei soll es nach US-Angaben beinahe zu einer Kollision zwischen dem Trägerbegleiter und einem US-Lenkwaffenkreuzer gekommen sein.

Nervöse Chinesen, neugierige US-Amerikaner

Das chinesische Schiff habe versucht, die "USS Cowpens" zu stoppen, hatte ein Sprecher der Pazifik-Flotte der US-Truppenzeitschrift "Stars and Stripes" erklärt. Der Grund für die ruppige Annäherung auf hoher See liegt auf der Hand: Nach Einschätzung von US-Experten habe die "USS Cowpens" die Fahrt des ersten Flugzeugträgers Chinas überwacht.

Mit der Liaoning steigt China in den bislang sehr exklusiven Klub der Flugzeugträgerstaaten auf. Neben Russland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Brasilien, Indien und Thailand kann nun auch Peking eine schwimmenden Luftwaffenbasis zur Sicherung, Verteidigung oder Durchsetzung außenpolitischer Interessen einsetzen.

Die militärische Vorherrschaft auf den Weltmeeren bleibt allerdings auf absehbare Zeit fest in den Händen der USA: Allein in der Schiffsklasse der sogenannten Supercarrier verfügt Washington derzeit über elf nukleargetriebene Flugzeugträger. Jedes einzelne Schiff dieser Klasse ist größer, stärker und besser bewaffnet als die Liaoning.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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