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Denkmalschutz machtlos - vorerst Darf der das? Trump und der Teil-Abriss des Weißen Hauses

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Am Weißen Haus weht die US-Flagge über Ruinen.

Am Weißen Haus weht die US-Flagge über Ruinen.

(Foto: IMAGO/Anadolu Agency)

Die Abrissarbeiten laufen, Genehmigungen wurden nie eingeholt - weder für die Vernichtung des Ostflügels noch für den Neubau eines Ballsaals, der größer sein soll als das Weiße Haus nebenan. Eine Expertin sieht dennoch eine Möglichkeit, Trump aufzuhalten.

In Deutschland wäre kaum vorstellbar, was US-Präsident Donald Trump gerade mit dem Weißen Haus veranstaltet; hierzulande steht auch das aus den 1970er Jahren stammende und ästhetisch entsprechend zweifelhafte Kanzleramt in Bonn als Zeitzeugnis unter Denkmalschutz.

Denkmalschutz gibt es zwar auch in den USA. So ermöglicht der Historic Preservation Act, ein Gesetz aus dem Jahr 1966, der US-Regierung, historisch oder kulturell bedeutsame Orte unter Schutz zu stellen. Aber das Weiße Haus ist davon ausdrücklich ausgenommen. "Uns sind die Hände gebunden", sagte Rebecca Miller der "Washington Post" mit Blick auf den Abriss des Ostflügels des Weißen Hauses, den Trump in Auftrag gegeben hat. Miller ist Geschäftsführerin der "D.C. Preservation League", eines Vereins, der sich für den Schutz historischer Stätten in Washington einsetzt.

Normalerweise würden Vertreter der Regierung große Projekte mit Denkmalschützern besprechen, so Miller. Dieses Mal jedoch nicht. "Es ist sehr frustrierend, dass die Organisation weder aus rechtlicher Sicht noch als Interessenvertretung etwas tun kann."

Zuständige Kommission erklärt sich für nicht zuständig

Auch der National Trust for Historic Preservation, eine vom US-Kongress gegründete Denkmalschutzstiftung, forderte die Regierung auf, "den Abriss so lange auszusetzen, bis die Pläne für den geplanten Ballsaal die gesetzlich vorgeschriebenen öffentlichen Überprüfungsverfahren durchlaufen haben". Die Stiftung argumentiert, Bauvorhaben am Weißen Haus müssten von zwei Kommissionen genehmigt werden, die auch frühere Bauvorhaben überprüft hätten.

Ballroom-Baustelle am Weißen Haus.

Ballroom-Baustelle am Weißen Haus.

(Foto: Google Earth, Image © Vexcel Imaging US, Inc / Openstreetmaps)

Eine dieser Kommissionen ist die National Capital Planning Commission, die Planungsbehörde der Hauptstadt Washington. Wegen des anhaltenden Shutdown ist die vergleichsweise kleine Behörde derzeit arbeitsunfähig: "NCPC is closed", heißt es auf ihrer Webseite. Das Weiße Haus hat angekündigt, die Pläne für den Ballsaal demnächst an die Kommission zu senden. Allerdings haben Trump-Verbündete die Mehrheit in dem zwölfköpfigen Gremium. Auch nach dem Shutdown dürften Abriss und Ballsaal dort einfach abgenickt werden.

Der NCPC-Vorsitzende Will Scharf erklärte bereits, es sei nicht Aufgabe seiner Kommission, Abrissarbeiten auf Bundeseigentum zu verhindern. "Wir befassen uns im Wesentlichen mit Bauarbeiten - vertikalen Bauarbeiten", sagte Scharf auf einer Sitzung der Kommission am 4. September. Dagegen sagten ehemalige NCPC-Mitglieder der "Washington Post", die Kommission habe einen solchen Unterschied früher nicht gemacht. Selbst für die Genehmigung von kleineren Arbeiten wie dem Bau eines Zauns oder einer Tennishalle habe die Kommission mehr als ein Jahr gebraucht.

Präzedenzfall könnte Weißem Haus als Ausrede dienen

Die Denkmalschutzstiftung hat zusätzlich an eine andere Kommission appelliert, den Bau des Ballsaals zu verhindern: an die United States Commission of Fine Arts, ebenfalls eine im Shutdown geschlossene Bundesbehörde. Normalerweise müsste auch sie Bauvorhaben des Weißen Hauses durchwinken. Würde sie angerufen, wäre eine Genehmigung unwahrscheinlich: In diesem Gremium sind Personen in der Mehrheit, die noch von Trumps Vorgänger Joe Biden eingesetzt wurden.

Unter Denkmalschutz: das ehemalige Bundeskanzleramt in Bonn.

Unter Denkmalschutz: das ehemalige Bundeskanzleramt in Bonn.

(Foto: picture alliance / Bonn.digital)

Aber formale Zuständigkeiten sieht die Trump-Regierung offenbar als überflüssig an, schließlich ist der Abriss des East Wing längst in vollem Gange. Außerdem gäbe es einen Präzedenzfall, auf den sich das Weiße Haus berufen könnte, wenn es sich für rechtliche Fragen interessieren würde: Die "Post" verweist auf einen Streit aus dem Jahr 1947, als Präsident Harry S. Truman einen Balkon ans Weiße Haus bauen lassen wollte. Der damalige Chef der Commission of Fine Arts vertrat seinerzeit die Rechtsauffassung, sein Gremium habe lediglich eine beratende Funktion. Der Balkon wurde gebaut. Auf Anfrage der Zeitung, ob das Weiße Haus davon ausgehe, dass eine Zustimmung der Kommission nötig sei, gab es keine Antwort.

Expertin sieht Möglichkeit zur Klage

Allerdings gebe es eine Expertin, die glaubt, das Bauvorhaben könne trotzdem noch verhindert werden, so die "Post". Zwar gelte der National Historic Preservation Act von 1966 nicht für das Weiße Haus, wohl aber für den National Park Service, der vor allem, aber nicht nur für die Verwaltung der Nationalparks zuständig ist. Die Behörde ist auch in Trumps Bauvorhaben eingebunden. Die Jura-Professorin und Denkmalschutzexpertin Sara Bronin sagte der Zeitung, das Projekt könne auf dem Klageweg gestoppt werden, wenn die Regierung nicht nachweisen könne, dass sie die notwendigen Genehmigungen eingeholt hat.

"Solch kurzsichtiges Regierungshandeln hat den Kongress vor sechs Jahrzehnten veranlasst, den National Historic Preservation Act zu verabschieden", sagte Bronin. Trump hat sich für den Abriss und den Ballsaal keine Genehmigungen besorgt, auch nicht vom Kongress, der alle Ausgaben genehmigen müsste. Angeblich sollen die Kosten mit privaten Spenden finanziert werden, was ein weiteres Mal Fragen nach der Bestechlichkeit dieses Präsidenten aufwirft.

Der Ostflügel des Weißen Hauses wurde 1902 errichtet, der heutige Zustand geht auf umfangreiche Renovierungen im Jahr 1942 zurück. Im Sommer hatte Trump noch gesagt, der Ostflügel werde "modernisiert". Sein Ballsaal soll am Ende mehr als 8300 Quadratmeter groß sein. Zum Vergleich: Die Grundfläche des Weißen Hauses daneben beträgt nur 5100 Quadratmeter.

Quelle: ntv.de

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