Polit-Chaos in Athen Den Griechen drohen Sanktionen
09.05.2012, 08:08 Uhr
Alexis Tsipras darf es als nächstes versuchen. Seine Chancen, eine Regierung zu bilden sind jedoch gering.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kein Geld mehr! Das ist die Drohung, mit der Politiker von SPD und FDP die Griechen zu einer schnellen Regierungsbildung drängen wollen. Doch in Athen könnte auch die zweite Runde der Koalitionsgespräche scheitern. Der mit der Regierungsbildung beauftragte Radikallinke Tsipras poltert unterdessen gegen die EU.
Politiker von SPD und FDP drohen Griechenland mit dem Stopp von Hilfszahlungen, wenn das krisengeschüttelte Land nicht schnell eine stabile Regierung bildet. "Die griechischen Parteien sollten bedenken, dass eine stabile Regierung, die sich an die Absprachen hält, Grundvoraussetzung für weitere Unterstützung der Eurozonen-Länder ist", sagte der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), der "Bild"-Zeitung.
Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring schloss ein Stopp der Hilfszahlungen nicht aus. "Wenn sich in Griechenland keine Regierung der Vernunft bildet, stehen die Chancen sehr schlecht, dass die Troika im Juni weitere Hilfen gewähren kann."
Den Chef der griechischen Radikallinken, Alexis Tsipras, kümmert das wenig. Nach Angaben seines engen Mitarbeiters Panagiotis Lafazanis will er in einem Brief an die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) das Sparprogramm Griechenlands für null und nichtig erklären. Tsipras Ansicht nach habe "das griechische Volk bei den Wahlen" diese Annullierung beschlossen. Denn es habe "den Parteien, die das Stabilisierungsprogramm unterstützen, nicht die Mehrheit gegeben", sagte Lafazanis im griechischen Fernsehen. Tsipras benehme sich, "als sei er schon Ministerpräsident", hieß es übereinstimmend aus Kreisen der Konservativen und Sozialisten. "Er hat aber lediglich nur 16,78 Prozent und nur ein Sondierungsmandat."
Bei der griechischen Parlamentswahl waren am Sonntag die bisher regierenden Parteien, die sozialdemokratische Pasok und die konservative Nea Dimokratia, wegen des von ihnen vertretenen Sparkurses abgestraft worden. Deutlich zulegen konnten die Gegner der Sparmaßnahmen. Das sorgte für Mehrheitsverhältnisse, die eine Regierungsbildung schwer machten.
Nachdem , darf nun die radikale griechische Linke den Versuch zur Bildung einer neuen Regierung unternehmen. Doch auch die Aussichten der Links-Allianz sind düster. Obendrein will sie gegen die Sparzwänge der rebellierenen. Damit wird bereits zwei Tage nach der eine weitere Wahl immer wahrscheinlicher.
Neuwahlen sind wahrscheinlich
Verantwortlich für die Koalitionsverhandlungen bei der griechischen Linken ist der 37-jährigen Alexis Tsipras. "Wir wollen eine Regierung der linken Kräfte bilden, um den Folgen des Schuldenschnitts zu entgehen, der uns in den Bankrott führt", formulierte der jüngste griechische Parteichef als sein Ziel. Tsipras will das Land jedoch in der halten. Die kommunistische KKE hat ein Zusammengehen mit der Links-Allianz bereits abgelehnt und damit eine rechnerische Mehrheit der Linken verhindert.
Tsipras plädiert für eine Annullierung des mit den internationalen Gläubigern vereinbarten Sparpakets. Er schimpft über die den Griechen abverlangten Sparmaßnahmen und Strukturreformen, für deren Umsetzung sie im Gegenzug hunderte Milliarden von Euro an Hilfsgeldern bekommen.
Im Wahlkampf sprach er sich auch für einen Schuldenerlass oder ein Moratorium für einen Schuldentilgungsdienst über die nächsten drei Jahre aus. Laut Tsipras sei dies der einzige Weg für Griechenland, wieder einen Überschuss aufbauen zu können. Damit solle ein Sicherheitsnetz für den stetig größer werdenden Teil der Bevölkerung gebaut werden, der von der mittlerweile ins fünfte Jahr gehende Rezession betroffen ist. Tsipras hatte ähnliche Forderungen auch schon in Deutschland gestellt: während einer Rede als Gast der Linken auf deren Parteitag in Erfurt.
Vor der Beauftragung Tsipras gab der zunächst von Präsident Karolos Papoulias mit der Regierungsbildung beauftragte Chef der konservativen Nea Demokratia, Antonis Samaras, das Mandat zurück. Die Konservativen und die mit ihnen regierende sozialdemokratische Pasok-Partei hatten bei der Wahl am Sonntag deutliche Stimmenverluste erlitten und die erforderliche absolute Mehrheit knapp verfehlt. Zugewinne erzielten linke und rechte radikale Parteien, die sich lediglich in ihrem Nein zum harten Konsolidierungsprogramm der Regierung und ihrer internationalen sowie europäischen Gläubiger einig sind.
Vorerst letzte Hilfszahlung kommt
Griechenland kann seit 2010 keine mittel- oder langfristigen Staatsanleihen mehr ausgeben, da Investoren angesichts der Risiken dafür extrem hohe Zinsen verlangen. Deshalb ist das Land weitgehend auf Kredite von Europäischer Union und dem Internationalen Währungsfonds angewiesen, um eine Pleite zu verhindern.
Im Gegenzug zur milliardenschweren Hilfe hatte sich Athen zu einem strikten Spar- und Reformkurs verpflichten müssen. Die EU-Kommission betonte, das die schon geplante nächste Hilfszahlung über 5,2 Milliarden Euro am Donnerstag noch wie vereinbart ausgezahlt werde.
Die Summe ist die letzte Tranche, die Griechenland nach der Einigung über den Schuldenerlass vom März erhält. Weitere Auszahlungen hängen von der Zustimmung der Troika-Mission von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds ab. Sie wird vierteljährlich in Griechenland den Reformfortschritt überprüfen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts