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"Junge Alternative" Der AfD-Nachwuchs raunt über Dolchstöße und schreibt Verräterlisten

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Gegen den Willen der Jungen Alternative trennte sich die AfD am Wochenende in Riesa von ihrem Nachwuchsverein.

Gegen den Willen der Jungen Alternative trennte sich die AfD am Wochenende in Riesa von ihrem Nachwuchsverein.

(Foto: dpa)

Die bisherige Jugendorganisation der AfD ist wütend auf die Mutterpartei: Auf ihrem Parteitag in Riesa hatte die AfD beschlossen, einen neuen Parteinachwuchs zu schaffen. In der Jungen Alternative sollen bereits "Verräterlisten" kursieren.

Akkurat gescheitelt und im Anzug zog die Junge Alternative in ihren letzten Kampf. Hitzig diskutierte die Partei am Wochenende den Antrag des Bundesvorstands, die JA als offizielle Jugendorganisation der AfD abzuspalten und die Parteijugend neu zu gründen. Hinter den Stuhlreihen der Delegierten in der Parteitagshalle in Riesa machte die Jugend dagegen lautstark Stimmung, jeder Redebeitrag aus ihren Reihen wurde beklatscht.

Man möge ihr doch Vertrauen schenken, flehte ein besonders adrett gekleideter junger Mann. Es half alles nichts. Mit über 70 Prozent Zustimmung beschlossen die Delegierten das Ende der JA. Es folgte Applaus - und die führenden Köpfe des als rechtsextrem eingestuften Vereins stürmten aus der Halle.

Doch offenbar wollen Teile der JA ihre Niederlage nicht einfach so hinnehmen. Laut "Table.Briefings" haben Mitglieder direkt nach der Entscheidung damit begonnen, "Verräterlisten" zu erstellen. Im Fokus hierbei wohl das Bundesvorstandsmitglied und noch JA-Vorsitzende Hannes Gnauck. Diesen machen sie demnach als "Hauptverräter" aus.

JA-Chef spricht von "Blödsinn"

Gnauck ist als Mitglied des Bundesvorstands Teil der Gruppe, die sich für die Reform eingesetzt hat. Seine alten Verbündeten aus dem Nachwuchs nehmen ihm das nun offensichtlich übel. Auf Nachfrage von ntv nennt er die Erstellung von Verräterlisten "Blödsinn". Diese seien vielmehr ein Gerücht.

Der Schritt der Abspaltung der JA sei nötig gewesen, so Gnauck. Er begründet dies unter anderem mit dem drohenden Risiko eines Verbots der JA durch das Innenministerium. Die Junge Alternative ist ein von der Partei unabhängiger Verein. Ab dem 1. April werde es "eine eigenständige Jugendorganisation innerhalb der Partei" geben, sagt Gnauck ntv. "Diese fällt dann auch unter den Schutzschirm des Parteienrechtes und kann nicht einfach so vom Innenministerium verboten werden."

Bisher hieß es in der Satzung der AfD: "Die Junge Alternative für Deutschland (JA) ist die offizielle Jugendorganisation der Alternative für Deutschland" und diese sei ein eigenständiger Verein. Der Name wurde gestrichen, und es heißt nun, die Jugendorganisation der AfD sei ein rechtlich unselbstständiger Teil der Partei. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die JA als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung. Die AfD selbst ist auf Bundesebene bislang nur ein "Verdachtsfall".

"Dolch in den Rücken gerammt"

Während die Verräterlisten, sofern diese denn wirklich existieren, im geheimen geschrieben wurden, äußerte sich ein Landesverband öffentlich und radikal. "Die Boomer haben der Jugend den Dolch in den Rücken gerammt", twitterte die JA Schleswig-Holstein, "aber wir wanken nur und fallen nicht". Der Tweet wurde inzwischen gelöscht.

Die Abspaltung der JA wurde vor dem Parteitag von vielen als größtes Konfliktpotenzial in Riesa ausgemacht. Den Antrag für die Trennung von der JA hatte die Parteispitze mit dem Ziel eingebracht, die Jugendorganisation der AfD enger an die Partei zu binden. JA-Mitglieder mussten bisher nicht gleichzeitig Mitglieder in der AfD sein. In der künftigen Organisation soll das nicht möglich sein. Jeder, der dort mitmachen will, muss auch AfD-Mitglied sein. So will die Parteispitze mehr Kontrolle über die Jugend erlangen. Denn die fiel in den vergangenen Monaten immer wieder mit radikalen Aktionen auf.

Kandidatenchecks bei RTL

Vor der Bundestagswahl am 23. Februar spricht Pinar Atalay unter dem Titel "RTL Direkt spezial: Der Kandidatencheck" mit allen Spitzenkandidaten der Parteien. Diese Folgen stehen noch aus:

  • Mi., 22.1., 22.15 Uhr: "RTL Direkt spezial" mit Sahra Wagenknecht (BSW)

  • Mo., 17.2., 22.15 Uhr: "RTL Direkt spezial" mit Christian Lindner (FDP)

In Brandenburg bejubelten sie auf der Wahlparty das Ergebnis der Landtagswahl mit dem sogenannten "Abschiebesong". Im Biergarten der Partylocation klang über Lautsprecher ein umgedichteter Song der "Atzen". Dort heißt es unter anderem "Hey, das geht ab, wir schieben sie alle ab". Die Spitze des Landesverbandes der AfD war darüber alles andere als begeistert.

Zombie im Wahlkampf

Aktionen wie diese zeigten: Die JA war bislang eher ein lautes Organ der Straße und des rechtsextremen Vorfelds. Kaum Entfaltung zeigte sie bei der Rekrutierung von politischen Talenten, die dann für die AfD in Bundestag oder den Landtagen sitzen könnten. Das lag auch daran, dass vielen die JA und ihre Anführer zu radikal waren. Nur etwa die Hälfte der JA-Mitglieder war auch Parteimitglied in der AfD.

"Die neue Jugendorganisation hat ein deutlich größeres Potenzial an Mitgliederstärke", so Gnauck. Im Moment gebe es 2400 Mitglieder. Gnauck weiter: "In Zukunft reden wir von einem Potenzial von 6000 bis 7000 Mitgliedern innerhalb der AfD, die unter 36 sind. Das heißt, dass auch die Jugendorganisation viel schlagkräftiger wird."

Doch diese Schlagkraft könnte sich jetzt erst einmal gegen die AfD richten. Noch bis zur offiziellen Umstrukturierung, die beim Parteitag zwar beschlossen wurde, aber erst am 1. April in Kraft tritt, ist die JA weiter die offizielle Jugendorganisation der Partei. Alle Aktionen, die ein wütender Mob bis dahin startet, fallen also auch auf die Partei zurück. Im Bundestagswahlkampf ist die JA ein Zombie. Nicht ganz tot wandelt er weiter über die Straßen und könnte zur Gefahr werden.

Hinzu kommt: Im Bundestagswahlkampf könnten führende Köpfe wie die brandenburgische JA-Vorsitzende Anna Leisten ihren Einfluss auf das rechtsextreme Vorfeld und Szene-Medien wie "Compact" nutzen, um dort Stimmung gegen die AfD zu machen. Nach der verlorenen Abstimmung am Sonntagnachmittag in Riesa verließ sie jedenfalls schnellen Schrittes die Halle - begleitet von einem Kamerateam von "Compact".

Quelle: ntv.de

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