Politik

Wahl des Bundespräsidenten Ein Steinmeier und drei Zählkandidaten

Bei der Bundespräsidentenwahl dürfte es keine Überraschung geben. Immerhin, ein historisches Novum markiert die Veranstaltung: Zur Wahl steht unter anderem die jüngste Kandidatin, die jemals für das Amt vorgeschlagen wurde.

Immerhin, sie hat es auf die erste Seite geschafft. "Stefanie Gebauer kandidiert", titelte die "Märkische Allgemeine Zeitung" am Mittwoch. Die 41-Jährige aus dem brandenburgischen Kremmen tritt an diesem Sonntag als Kandidatin bei der Wahl zum Bundespräsidenten an.

Dass sie keine Chance hat, liegt auf der Hand: Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier wird von den drei Ampelparteien sowie von der Union unterstützt. Allein SPD, Grüne und FDP verfügen zusammen über knapp 53 Prozent der Stimmen in der Bundesversammlung. CDU und CSU werfen noch einmal gut 30 Prozent in die Waage. Selbst wenn die Union sich spontan auch in dieser Frage für einen fundamentaloppositionellen Weg entscheiden sollte, dürfte die Mehrheit sicher sein. Denn nur im ersten Wahlgang, so legt es das Grundgesetz in Artikel 54 fest, benötigt ein Bewerber die absolute Mehrheit. In weiteren Wahlgängen würde auch die einfache Mehrheit reichen.

Damit haben Stefanie Gebauer und die Bewerber von Linken und AfD den Status von Zählkandidaten: Sie treten an, mehr nicht.

Ein Mediziner

Die Linken haben den Sozialmediziner Gerhard Trabert aufgestellt. Der 65-Jährige initiierte unter anderem eine Ambulanz für Wohnungslose sowie eine Poliklinik für Menschen ohne Krankenversicherung. Der vierfache Vater arbeitete zudem als Arzt in Krisengebieten und Flüchtlingscamps in verschiedenen Ländern sowie in der Seenotrettung im Mittelmeer.

Trabert begründete seine Kandidatur damit, dass die Themen soziale Benachteiligung und Armut bei Bundespräsident Steinmeier bisher "keine große Rolle" gespielt hätten. Er sagte zudem, die soziale Ungleichheit habe in Deutschland zugenommen und sei die "Mutter aller Probleme". Für Irritationen sorgte Trabert kürzlich mit einem Vergleich zwischen dem Schicksal von Armen und Flüchtlingen und dem Holocaust. "Wie damals viele Deutsche wussten, was mit den Juden geschieht, ist es heute so, dass wir wissen, was mit geflüchteten Menschen im Mittelmeer, in libyschen, in syrischen Lagern geschieht. Wir wissen, wie die Armut zunimmt, wir wissen um die erhöhte Sterberate von armen Menschen auch hier in Deutschland."

Auf Twitter schrieb der Kandidat später, er sei ihm nicht um eine "historische Gleichsetzung" gegangen. "Aber die Tendenz des Wegschauens muss deutlich kritisiert werden."

Ein Rauswurf

Auch die AfD hat einen Kandidaten aufgestellt, um den es im Vorfeld der Wahl Wirbel gab. Der 57-Jährige Max Otte verschickte von seinem eigenen Mail-Account am 24. Januar eine Mail, in der es hieß, die Werteunion, ein Zusammenschluss am rechten Rand der Union, gratuliere Friedrich Merz zur Wahl zum CDU-Chef und schlage ihren Vorsitzenden, das langjährige "CDU-Mitglied Prof. Dr. Max Otte", als Kandidaten für die Wahl zum Bundespräsidenten vor.

Der Vorschlag wurde von der Union nicht aufgegriffen, was insofern nicht überraschend kam, als Otte sogar in der Werteunion umstritten war. Keine 24 Stunden nach der Mail sagte der Ökonom der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, ob er für die AfD antreten werde: "Die Kandidatur als Bundespräsident angetragen zu bekommen, ist eine der größten Ehren, die einem widerfahren kann." Das Amt biete die Gelegenheit, "zu heilen, zu versöhnen, zu ermahnen". Er denke intensiv darüber nach.

Mittlerweile hat Otte den Vorsitz der Werteunion niedergelegt. Die CDU hat ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet.

Eine Frau

Die Brandenburgerin Stefanie Gebauer wurde von den Freien Wählern aufgestellt. Sie ist Astrophysikerin, arbeitet für die Fraktion der Freien Wähler im Potsdamer Landtag und ist die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung von Kremmen im Landkreis Oberhavel nördlich von Berlin.

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Bei der Bundestagswahl kandidierte Stefanie Gebauer in ihrem Heimatwahlkreis als Direktkandidatin und erhielt 4,3 Prozent der Stimmen.

(Foto: imago images/Reiner Zensen)

Mit der 41-Jährigen setze die Partei "ein klares Zeichen für mehr Vielfalt und Auswahl bei der Wahl des deutschen Staatsoberhauptes", erklärten die Freien Wähler. Sie sei im Kandidatenfeld nicht nur die einzige Frau, sondern auch die jüngste Kandidatin, die jemals für das Amt vorgeschlagen worden sei.

Die Freien Wähler verfügen in der Bundesversammlung allerdings nur über 18 von 1472 Stimmen. Und auch Gebauers Bekanntheitsgrad dürfte sich trotz des Titels ihrer Heimatzeitung in engen Grenzen halten: Auf Seite eins stand sie nur in der Lokalausgabe für Oberhavel.

Der Amtsinhaber

Der vierte Kandidat ist Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier. Der Sozialdemokrat wurde schon bei seiner ersten Wahl 2017 auch von Union, Grünen und FDP unterstützt. Der heute 66-Jährige war in seiner politischen Karriere unter anderem Kanzleramtschef unter Gerhard Schröder und Außenminister unter Angela Merkel.

Als Bundespräsident wollte Steinmeier, so sagte er damals in seiner Antrittsrede, zu "Mut" aufrufen. "Wir brauchen den Mut, zu bewahren, was wir haben. Freiheit und Demokratie in einem vereinten Europa - dieses Fundament, das wollen, das müssen wir miteinander verteidigen. Es ist nicht unverwundbar - aber, ich bin fest davon überzeugt, es ist stark." Eine seiner zentralen Leistungen bestand wenige Monate nach Amtsantritt darin, die sich sträubende SPD von der Notwendigkeit zu überzeugen, noch einmal in eine Große Koalition einzutreten - zuvor waren Sondierungsgespräche zwischen Union, Grünen und FDP gescheitert.

In der Corona-Krise warb Steinmeier ebenfalls dafür, die Demokratie zu verteidigen. "Wenn sogenannte 'Spaziergänger' von einer 'Corona-Diktatur' schwurbeln, dann steckt darin nicht nur Verachtung für staatliche Institutionen. Sondern das beleidigt uns alle!", sagte er im Januar in einer Rede. Etwas Ähnliches könnte er am Sonntag wiederholen.

Quelle: ntv.de, mit AFP

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