Pikantes vom rechten Rand Fox-Affäre erreicht Cameron
18.10.2011, 12:28 Uhr
Damals noch gemeinsam an der Front: Cameron (links) und Fox im Jahr 2009.
(Foto: REUTERS)
Ein Skandal erschüttert Großbritannien. Dabei geht es um Vetternwirtschaft und dubiose Auslandsreisen – und die Frage: Wie viel Einfluss haben Lobbyisten auf die Politik? Für den britischen Premierminister Cameron könnte es ungemütlich werden.
Der britische Premier David Cameron gerät in Bedrängnis. Heute will die Regierung einen von Cameron in Auftrag gegebenen Bericht von Kabinettssekretär Gus O'Donnel veröffentlichen. Das Thema: Günstlingswirtschaft im Verteidigungsministerium. In dem Bericht sollen zwar keine Empfehlungen ausgesprochen, sondern nur die Fakten dargelegt werden. Doch die sind heikel genug:
In den vergangenen 16 Monaten ging ein schillernder Mittdreißiger, Adam Werritty, im britischen Verteidigungsministerium ein und aus. Auf Reisen begleitete er und kam so in Kontakt mit hochrangigen Geschäftsleuten und Diplomaten. Dabei soll er, so die Vorwürfe, eine "inoffizielle Politik-Agenda" betrieben und die Interessen der Waffenlobby vertreten haben. Auf einer Visitenkarte gab Werritty sich fälschlicherweise als Fox' Berater aus. Dabei war er in erster Linie vor allem eins: ein sehr enger Freund und Trauzeuge. Der Verteidigungsminister zog am Freitag nach massivem öffentlichem Druck zwar die Konsequenzen und gab sein Amt auf – aber ausgestanden ist die Affäre damit noch lange nicht.
Dem Ex-Minister und seinem inzwischen untergetauchten Schattenmann stehen nun Ermittlungen bevor, unter anderem wegen Betrugs. Auch die Wahlkommission könnte wegen der Geheimhaltung von Spenden aktiv werden. Außerdem gibt es Vorwürfe, dass Fox seinem alten Freund ein aus Steuergeldern finanziertes Grundstück für dessen Geschäftsbesitz überlassen habe.
Doch auch für Cameron ist die Affäre heikel. Zeigt sie doch, dass offenbar hochrangige Regierungsvertretern mit der Verteidigungsindustrie etwas zu eng kooperieren. Zugleich verliert Cameron mit dem Europaskeptiker Fox ein Kabinetts-Schwergewicht und Bindeglied zu den , Erzkonservativen und Transatlantikern. Um diese Gruppe nicht zu vergrätzen, würdigte er Fox, der ihm bei den Wahlen zum Amt des Tory-Chefs 2005 unterlegen war, bei seiner Entlassung am Freitag als einen "Freund", dessen Ausscheiden "sehr bedauerlich" sei. Nichts kann Cameron, einem erklärten "moderaten Konservativen", unliebsamer sein, als einen neuen Unruhestifter in den eigenen Reihen zu haben. Schon jetzt will dort eine frisch formierte Gruppe von EU-Gegnern für ein Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der EU kämpfen.
Liberale murren
Camerons Koalitionspartner, die Liberaldemokraten, reagieren unwirsch auf den Skandal. Die "Salami-Taktik aus täglichen Enthüllungen und Anschuldigungen" müsse eine Ende finden, fordert Parteichef und Vize-Premier Nick Clegg. Grund zur Sorge hat er genug: Schon jetzt schlägt sich die Affäre in den Meinungsumfragen nieder und beschert der oppositionellen Labour Party ein Hoch.
Cleggs Hoffnung auf ein schnelles Ende des Skandals wird sich aber wohl so schnell nicht erfüllen. Die Boulevardzeitung "Daily Mirror" weiß zu berichten, dass der Premier mit einem Privatflugzeug des Tycoon Malcolm Scott geflogen sein soll. Scott wiederum ist eng verbandelt mit der Atlantic Bridge, einer inzwischen aufgelösten Wohltätigkeitsorganisation, die enge Beziehungen zu Lobbyisten der Pharma-, Rüstungs- und Ölindustrie pflegte. Ihr Gründer hieß übrigens: Liam Fox.
Quelle: ntv.de, mit dpa