"Der Zug ist abgefahren" Geldgeber wenden sich von Biden ab
05.07.2024, 17:19 Uhr Artikel anhören
Biden ist im äußerst kostpieligen US-Wahlkampf auf finanzstarke Gönner angewiesen.
(Foto: picture alliance / Anadolu)
Nicht nur in der eigenen Partei, auch unter den Geldgebern macht sich nach Bidens schwacher TV-Debatte Nervosität breit. Mehrere prominente Spender fordern, dass der US-Präsident seine Kandidatur zurückzieht. Darunter sind eine Disney-Erbin und ein Netflix-Mitgründer.
Mehrere Großspender der Demokratischen Partei haben sich von US-Präsident Joe Biden abgewendet. Der Sender NBC und die "New York Times" berichteten, dass eine wohlhabende Disney-Erbin ihre finanzielle Unterstützung für die Partei so lange zurückhalten wolle, bis Biden sich aus dem Rennen um die Präsidentschaftskandidatur zurückzieht. "Biden ist ein guter Mann, der seinem Land gut gedient hat, aber es steht viel zu viel auf dem Spiel, um zuzulassen, dass Zaghaftigkeit unser Vorgehen bestimmt", zitierten beide Medien aus einem Statement von Abigail Disney. Wenn Biden nicht abtrete, würden die Demokraten verlieren.
Der "New York Times" zufolge arbeitet eine Gruppe von Spendern außerdem daran, die nächste Generation der Demokratischen Partei finanziell zu unterstützen. Das Geld könne für einen möglichen Nachfolge-Kandidaten verwendet werden. Wahlkämpfe in den USA sind extrem kostspielig. Nur wer das nötige Kleingeld hat, kann sich dauerhaft im Rennen halten - und behaupten. Bidens Wahlkampfteam hat nach eigenen Angaben im zweiten Quartal des Jahres 264 Millionen Dollar an Spenden eingesammelt. Das Kampagnenteam seines Herausforderers Donald Trump meldete für den gleichen Zeitraum 331 Millionen Dollar.
Tags zuvor hatte sich Reed Hastings, Mitgründer des Streamingdienstes Netflix und einer der wichtigsten Geldgeber der Demokraten, bereits deutlich positioniert. "Biden muss den Platz frei machen, damit ein energischer demokratischer Politiker Trump schlagen und uns Sicherheit und Wohlstand bringen kann", sagte er der "New York Times".
"Niemand glaubt, dass er Trump schlagen kann"
"Biden muss zeigen, dass er ohne Teleprompter auftreten kann. Aber das hätte schon viel früher kommen müssen", kritisierte der frühere Hedgefonds-Manager und Geldgeber Whitney Tilson. Er hatte sich nach dem TV-Duell von Biden abgewendet und einen neuen Kandidaten gefordert. "Niemand glaubt, dass er Trump schlagen kann", sagte Tilson am Donnerstag im US-Sender CBS. "Der Zug ist abgefahren."
Biden steht derzeit vor entscheidenden Bewährungsproben, die über seine politische Zukunft entscheiden könnten. Heute soll er dem TV-Journalisten George Stephanopoulos in Wisconsin Rede und Antwort stehen. Das gesamte Interview soll zur besten Sendezeit (2 Uhr in der deutschen Nacht zum Samstag) ausgestrahlt werden. Zudem hat Bidens Wahlkampfteam Berichten zufolge angekündigt, dass der Präsident in den kommenden Wochen in umkämpfte Bundesstaaten reisen wolle. Dabei werde der 81-Jährige auch öfter frei sprechen.
Biden hatte vor einer Woche bei dem abendlichen Fernseh-Duell mit seinem republikanischen Herausforderer Donald Trump einen desaströsen Auftritt hingelegt, sich mehrfach versprochen und den Faden verloren. Nach dem Auftritt entbrannte in den USA eine Debatte darüber, ob Biden wirklich der richtige Kandidat der Demokraten für die Präsidentenwahl im November ist. Bidens Umfragewerte verschlechterten sich nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch in den wichtigen Bundesstaaten, die nicht klar den Demokraten oder Republikanern zugerechnet werden. Diese gelten in der Regel als wahlentscheidend.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa