Erfolgreicher Putsch Grütters macht Spitze der Berliner CDU frei
29.03.2019, 16:59 Uhr
Grütters konnte sich in der Berliner CDU nicht ausreichend fest verankern.
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Die Berliner CDU bleibt ein Abenteuerland. Wenige Wochen vor dem Landesparteitag und der Europawahl wird Parteichefin Grütters attackiert - mit Erfolg. Die glücklose Vorsitzende zieht sich zurück. Kritiker monierten stets ihre Ferne zu den Niederungen des Landesverbandes.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters zieht sich von der Spitze der Berliner CDU zurück. Die 57-Jährige verwies zur Begründung des Schrittes auf die Parteiräson. "Ich habe zunächst keinen Grund gesehen, so ein Amt einfach so aufzugeben", sagte sie. Erst vor wenigen Tagen hatte Kai Wegner angekündigt, beim anstehenden Parteitag der Berliner CDU für den Vorsitz zu kandidieren.
Ein Wettstreit zweier Kandidaten mit einem womöglich turbulenten Parteitag kurz vor der Europawahl bedeute für die Partei jedoch eine Zerreißprobe, die sie der Berliner CDU nicht zumuten wolle, sagte Grütters weiter. "Wettstreit ist gut, Zerrissenheit ist schlecht, Geschlossenheit ist allemal wichtiger als noch so konstruktiver Streit."
Sie habe daher gemeinsam mit Wegner entschieden, dass dieser am 18. Mai beim Parteitag kandidiere und sie nicht. "Dieser Schritt fällt mir nicht leicht", sagte Grütters. Beide seien sich aber einig, dass das die beste Lösung sei.
Schlangengrube Hauptstadt-CDU
Grütters hatte den Parteivorsitz erst Ende 2016 nach einer schweren Niederlage der CDU bei der Abgeordnetenhauswahl übernommen. Wegner war damals Generalsekretär des Berliner Landesverbandes und von Grütters aussortiert worden.
Grütters hatte zum Ziel gesetzt, die CDU zu einer liberalen Großstadtpartei zu machen, sie zu verjüngen und weiblicher zu machen. Seither hat Grütters einiges bewegt. Sie machte sich damit aber in der jahrzehntelang von Männerrunden und mächtigen Bezirksfürsten dominierten Hauptstadt-CDU nicht nur Freunde. Unzufriedenheit gibt es in der Partei auch, weil Grütters als Mitglied der Bundesregierung eher selten landespolitische Akzente setzt. In den Umfragen lag die CDU zuletzt zwischen 16 und 20 Prozent - ohne realistische Machtoption.
Das Fass zum Überlaufen brachte wohl ein Parteitag im November, als die Abgeordnete Hildegard Bentele nach einer überraschenden Bewerbung zur Spitzenkandidatin für die Europawahl gekürt wurde und der eigentlich vom Landesvorstand auserwählte Carsten Spallek unterlag. Einige Platzhirsche in der Berliner CDU fanden nicht gut, dass Grütters damals nicht eingriff. Zuvor hatte sie im Juni gegen den Willen einiger Kreisvorsitzender ihren Kandidaten für das Amt des Fraktionsvorsitzenden durchgebracht.
Der 46-jährige Wegner gilt als bestens vernetzt und sitzt seit 2005 im Bundestag. Aktuell ist er Sprecher der CDU/CSU-Fraktion für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen. "Mein Ziel ist, die Berliner CDU wieder an die Spitze zu führen", erklärte er vor einer Woche zu seiner Kandidatur. Die CDU müsse eine liberale Großstadtpartei und eine soziale Kiezpartei sein und gleichzeitig konservative Werte vertreten. "Die CDU muss klare Kante zeigen bei Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit", so Wegner. Dies sei das Fundament für alles andere.
Quelle: jwu/dpa