"Er starb den Märtyrertod" Hamas hat keinen Nachfolger für Sinwar
22.10.2024, 05:26 Uhr Artikel anhören
Ein gebrauchtes Taschentuch brachte die Israelis auf Sinwars Spur.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Wie geschwächt die Hamas nach dem Tod ihres Anführers ist, zeichnet sich inzwischen ab. Einen Nachfolger für Sinwar kann die Terrororganisation erst mal nicht benennen. Dass er sich feige in Kellern versteckte, weisen die Islamisten zurück.
Die radikalislamische Hamas bestimmt offenbar vorerst keinen Nachfolger ihres bei einem israelischen Armeeeinsatz getöteten Chefs Jahja Sinwar. Der Ansatz der Hamas-Führung sei es, "bis zu den nächsten Wahlen im März keinen Nachfolger" für Sinwar zu ernennen, hieß es aus Hamas-Kreisen. Stattdessen solle ein fünfköpfiges Gremium, dessen Mitglieder sich derzeit in Katar befänden, derweil die Führung der islamistischen Gruppierung übernehmen.
Das Komitee war den Angaben zufolge im August nach der Tötung des damaligen Hamas-Chefs Ismail Hanija in Teheran gebildet worden. Es sei befugt, "strategische Entscheidungen zu treffen". Ihm gehören demnach neben dem Hamas-Vertreter für den Gazastreifen, Chalil al-Hajja, der Vertreter der radikalislamischen Palästinenserorganisation im Westjordanland, Saher Dschabarin, und der Hamas-Auslandsrepräsentant Chaled Meschaal an. Als viertes Ausschuss-Mitglied wurde der Name Mohammed Darwisch genannt, der Vorsitzende des Schura-Rates der Hamas ist. Der fünfte Name verlautete aus Sicherheitsgründen nicht. Laut einem anderen Hamas-Vertreter, der anonym bleiben wollte, hat die Hamas-Führung einen "internen" Vorschlag zur Ernennung eines politischen Chefs erörtert. Ein Name wurde zunächst nicht genannt.
IDF: Mehrere Male beinahe umzingelt
Sinwar war am Mittwoch bei einem israelischen Militäreinsatz getötet worden. Nach israelischen Angaben hatte sich der Hamas-Chef vor deren Überfall am 7. Oktober vergangenen Jahres mit seiner Familie in einem unterirdischen Tunnelsystem verschanzt. Die israelischen Streitkräfte hätten ihn während des Krieges mehrere Male beinahe umzingelt, ihm sei jedoch zunächst immer die Flucht gelungen, sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari. Die Jagd auf ihn sei am Boden und im Untergrund immer weiter fortgesetzt worden, "mit dem Ziel, Sinwar zu isolieren, bis er einen Fehler macht". Letztlich sei Sinwars Aufenthaltsort in Rafah dann ausgemacht worden, nachdem "seine DNA-Probe auf einem Taschentuch gefunden wurde, mit dem er sich die Nase geputzt hatte", sagte der Armeesprecher.
Die Hamas wies Hagaris Äußerungen, wonach der Getötete untergetaucht sei und das Leben seiner Familie über das anderer Menschen gestellt habe, als "offensichtliche Lügen" zurück. "Kommandant Jahja Sinwar starb den Märtyrertod, nachdem er sich heldenhaft an der Schlacht beteiligte und die größte Schlacht in der Geschichte unseres palästinensischen Volkes anführte", hieß es in einer Hamas-Erklärung. Öffentlich war Sinwar seit dem beispiellosen Großangriff auf Israel vor gut einem Jahr nicht aufgetreten. Er gilt als Drahtzieher des Massakers.
Quelle: ntv.de, mau/AFP