"Sonnengürtel" vs. "Blaue Wand" Hier wird die US-Präsidentschaftswahl entschieden
28.05.2024, 16:36 Uhr Artikel anhören
Donald Trump ist siegessicher: Die Präsidentschaft ("47") hat er schon auf seine Kappe gestickt.
(Foto: IMAGO/Icon Sportswire)
Meinungsforschern zufolge entscheiden 6 der 50 Bundesstaaten darüber, wer der kommende US-Präsident wird. Die Umfragen zeigen derzeit einen deutlichen Vorteil für Donald Trump. Doch für Amtsinhaber Joe Biden gibt es einen Weg, den Republikaner in die Schranken zu weisen.
Donald Trump, die Republikaner und konservativ orientierte Medien reden mit breiter Brust über die kommende Wahl, die Demokraten und Präsident Joe Biden sind verunsichert. Sie verweisen auf die historischen Gesetzespakete unter ihrer Regierung, die aber bei den Wählern nicht verfangen. Für sie verheißen die Umfragewerte nichts Gutes für die Präsidentschaftswahl im November.
Die USA haben 50 Bundesstaaten, doch lediglich 6 davon sind der Schlüssel zum Sieg: Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin. Dies prognostizieren zumindest die Meinungsforscher. Demnach sind es diese "Battleground States", die umkämpften Bundesstaaten, welche wegen des indirekten Wahlsystems im November entscheiden. Entweder werden sie Bidens Zeit im Weißen Haus um vier Jahre verlängern oder stattdessen Trumps Revanche für seine Niederlage 2020 ermöglichen und den Republikaner ins Oval Office hieven.
Würde der Präsident direkt und in einer landesweiten Wahl bestimmt, gewönne Trump derzeit knapp gegen Biden. Aber die USA wählen indirekt. Je nach Ergebnis entsenden die Bundesstaaten ihre Wahlleute nach Washington. Dort stimmen sie dann für den Sieger ihres Herkunftsstaates, so knapp der Vorsprung auch gewesen sein mag.
Auch ein Sieg für den Kandidaten, der weniger Wählerstimmen erhalten hat, ist möglich. Im Jahr 2016 etwa hätte Hillary Clinton eine Direktwahl mit 2,1 Prozent Vorsprung gewonnen, verlor aber wegen des Wahlleutesystems gegen Trump. Biden hatte 2020 nach Direktstimmen einen Vorsprung von deutlichen 4,5 Prozent - aber er hätte nicht viel weniger haben dürfen, um Präsident zu werden. Das System bevorteilt die Republikaner und ihre Wähler, die vorwiegend außerhalb der großen Metropolen leben.
Bidens beste Chance liegt im Mittleren Westen
In den sechs Battleground States leben rund 50 Millionen Menschen - in den Vereinigten Staaten sind es 333 Millionen insgesamt. Biden gewann vor vier Jahren alle sechs Staaten, wenn auch manche hauchdünn. In Georgia siegte er mit einem Vorsprung von 0,23 Prozent (rund 12.000 Stimmen), in Arizona entschieden am Ende 0,3 Prozent (rund 10.000 Stimmen) der Wähler; in Nevada waren es leicht deutlichere 2,39 Prozent (30.000 Stimmen). Diese Bundesstaaten im Süden gehören zum sogenannten Sonnengürtel.
Falls der Sonnengürtel Biden im November für Trump fallen lässt, wie derzeit die Umfragen prognostizieren, bleibt dem Demokraten praktisch nur eine Möglichkeit: Er muss die "Blaue Wand" verteidigen. Der nach der demokratischen Parteifarbe benannte Bundesstaatenblock galt früher nahezu als uneinnehmbar für die Republikaner. Trump durchbrach diese Wand, doch Biden flickte sie wieder zusammen: Michigan und Wisconsin im Mittleren Westen sowie Pennsylvania hatten sich für den Demokraten, nicht Trump entschieden.
Die Wahl steht auf Messers Schneide. Die Wähler im Süden kreiden die illegale Einwanderung über die Südgrenze aus Mexiko sowie die Inflation mit all ihren Folgen größtenteils Biden an. Zugleich wissen die Wähler: Das Abtreibungschaos in den USA, wo inzwischen jeder Bundesstaat seine eigenen Gesetze hat, ist auf dem Mist der Republikaner gewachsen. Doch während Trump überall neue Stimmen einsammelt, sind jüngere Wähler enttäuscht bis wütend auf Biden. Schwarze und Latinos sind dem Demokraten derzeit weniger zugewandt, als sie es vor vier Jahren waren.
Wunsch nach einem Kurswechsel
Mit der Blauen Wand hat Biden noch die besseren Chancen als im Süden, seine Präsidentschaft zu verlängern. Dort liegt er mit Trump derzeit nahezu Kopf an Kopf. In Michigan deutet sich für ihn noch ein weiteres Problem an: Nirgendwo sonst in den USA wohnen mehr arabischstämmige Amerikaner, und aus Protest gegen Bidens Haltung im Israel-Hamas-Krieg waren bei den Vorwahlen der Demokraten 13 Prozent Proteststimmen. Trump wird zwar aller Voraussicht nach Israel noch fester zur Seite stehen; aber ob das die Demokraten motiviert, für Biden zu stimmen?
Neben der niedrigen Beliebtheit für den 81-jährigen US-Präsidenten glauben auch zwei Drittel der US-Amerikaner, das Land insgesamt sei auf dem falschen Weg. 70 Prozent meinen, es müsse ein deutlicher Wandel her. Für die Mehrheit wird diesen Wandel nicht der merklich gealterte Biden bringen. Wer weiß, was bis November noch geschieht, doch die Zahlen sind deutlich: Trump hat derzeit gute Chancen, wieder ins Weiße Haus einzuziehen.
Quelle: ntv.de