Fischers VergangenheitImmer neue Vorwürfe gegen den Außenminister
Joschka Fischer, inzwischen Weltstaatsmann, machte nie einen Hehl aus seiner linksradikalen Vergangenheit - allerdings packte der Politiker auch nie Details seines früheren Lebens aus. Die Geständnisse blieben allgemein. Das politische Geschäft hatte er gelernt: bloß nicht mehr sagen, als ohnehin schon bekannt geworden ist.
Fotos lösten die Diskussion um Fischer aus
Erst nach Veröffentlichung der Fotos, die zeigen, wie Fischer auf einen Polizisten einprügelt, gab der Außenminster mehr aus seiner Militanz-Phase preis. "Ja, ich habe gekämpft", sagte der einstige Streetfighter in einem Interview. "Schlimmes " habe er aber nicht getan. Zurückgeschlagen habe der junge Student erst nach Polizei-Gewalt gegen ihn und seine Mitstreiter. Wehrlos wollte der Jungrevoluzzer fortan nicht mehr sein -die Gewalt ordnet Fischer in einen historischen Kontext ein: Schahbesuch, Vietnamkrieg, der Anschlag auf Rudi Dutschke.
In der Gruppe "Revolutionärer Kampf" habe man trainiert, wie Polizeiattacken abgewehrt und zurückgeschlagen werden können. Erst viel später habe der damals schmächtige Rebell auch Karate gelernt. Brandsätze will Fischer nie geworfen haben. Den bewaffneten Kampf der RAF und Revolutionäre Zellen (RZ) habe der Sponti zu jeder Zeit kategorisch abgelehnt. 1976, nach einer Demonstration anlässlich des Todes von Ulrike Meinhof, habe Fischer einen Schlussstrich unter seine militante Vergangenheit gezogen. Damals schleuderte ein Demonstrant einen Molotowcocktail gegen ein Polizeiauto. Der Beamte Jürgen Weber erlitt lebensgefährliche Verbrennungen.
Anklage gegen Fischer wegen versuchten Mordes
Fischer will weder von den Plänen gewusst haben, auf jener Demonstration auch Brandsätze gegen die Polizei einzusetzen, noch habe er diesen Angriff beobachtet. Wer der Täter gewesen ist, könne Fischer nicht sagen.
Bettina Röhl, Tochter Ulrike Meinhofs und verantwortlich für die Publizierung der Fischer-Fotos, bezweifelt diese Darstellung. Die 38-jährige Journalistin zieht mit allen Mitteln gegen Fischer zu Felde, will ihn sogar wegen versuchten Mordes an dem schwerverletzten Polizisten anzeigen.
Zu dem Vorgang gibt es unterschiedliche Aussagen von Zeitzeugen. Fischer soll sich auf einem so genannten Vorbereitungstreffen zur Meinhof-Demonstration zumindestens nicht gegen den Einsatz von Brandsätzen ausgesprochen haben. Fischer selbst kann sich offenbar nicht präzise erinnern: "So etwas hat nicht meiner damaligen Einstellung entsprochen", erklärte Fischer dazu erst kürzlich in der ARD Talksendung "Joachim Gauck ".
Der ehemalige Mitstreiter Udo Riechmann hat den Vorwurf, Fischer habe sogar zum Wurf von Brandsätzen aufgefordert, inzwischen wieder fallengelassen. Ein anderer Zeitzeuge macht für den Wurf auf den Polizeibeamten Weber eine Frau verantwortlich.
Der Mord an Heinz Herbert Karry
Fischer wurde immer wieder auch mit einem Mord in Verbindung gebracht: dem ungeklärten Attentat auf den hessischen Wirtschaftsminister Heinz Herbert Karry. Der FDP-Politiker war am 11. Mai 1981 von bisher unbekannten Mitgliedern der RZ erschossen worden. Ein Jahr später erzählte ein Szene-Spitzel dem Landeskriminalamt in Wiesbaden, die Tatwaffe sei mit Fischers VW Variant transportiert worden. Dazu wurde der Politiker zuletzt 1983 von der Bundesanwaltschaft befragt. Fischers Antwort: Ja, sein Ex-Kumpel Hans-Joachim Klein habe sich den Wagen ein Mal geliehen. Von einem Waffentransport habe er jedoch nichts gewusst. Die Akte wurde geschlossen.
Neue Vorwürfe von Staatsanwaltschaft entkräftet
Den neuesten Vorwurf gegen den Außenminister hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt mittlerweile entkräftet. Der in Frankreich inhaftierte Top-Terrorist Ilich Ramirez Sanchez, genannt "Carlos" hatte in der englischen Tageszeitung "Sunday Times" erklärt, Fischer und der heutige Europaparlamentarier Daniel Cohn-Bendit hätten in einem von ihnen bewohnten Haus Maschinengewehre, Pistolen und Handgranten gelagert. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft schließt das nach dem Erkenntnisstand der Behörden definitiv aus.