Parteiinterner Druck zu groß Japans Premier Shigeru Ishiba kündigt Rücktritt an
07.09.2025, 12:25 Uhr
Ministerpräsident Ishiba zieht sich vom Parteivorsitz zurück.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
In Japan lenkt eine Minderheitsregierung die Geschicke des Landes. Ministerpräsident Ishiba sieht sich angesichts mauer Wahlergebnisse vor wenigen Wochen mit parteiinternen Forderungen konfrontiert, die Verantwortung zu übernehmen. Nun gibt er dem Druck nach.
Japans Ministerpräsident Shigeru Ishiba gibt sein Amt auf und tritt zurück. Er habe entschieden, als Vorsitzender der konservativen Liberaldemokratischen Partei (LDP) zurückzutreten, sagte er in Tokio. Er werde seine Amtsgeschäfte weiterführen, bis sein Nachfolger bestimmt sei. Der Chef der Regierungspartei ist in Japan traditionell auch Ministerpräsident. Der 68-Jährige sah sich wegen des Verlusts der Parlamentsmehrheit zuletzt wachsender Kritik auch unter seinen Verbündeten ausgesetzt.
Ishibas Koalition aus LDP und ihrem Juniorpartner Komeito hatte im Juli bei der Wahl zum Oberhaus des Parlaments die Mehrheit verloren, nachdem sie im Oktober zuvor bereits die Mehrheit im mächtigeren Unterhaus eingebüßt hatte. Ishibas Koalition stellt seither eine Minderheitsregierung.
Ishiba hatte zwar nach dem Debakel bei der Oberhauswahl erklärt, er wolle weiterregieren. Immer mehr Mitglieder seiner seit Jahrzehnten fast ununterbrochen regierenden Partei forderten jedoch, dass er die Verantwortung übernimmt, wie Medien berichteten. Der Ministerpräsident ist seit Oktober vergangenen Jahres im Amt. Grund für das desaströse Wahlergebnis war die Unzufriedenheit der Wähler mit den steigenden Preisen und der Einwanderungspolitik. Davon profitierten rechtspopulistische Kleinparteien wie die offen ausländerfeindliche Partei Sanseito. Sie konnte deutlich zulegen.
Zuletzt hatte sich Ishiba auf den Abschluss eines Handelsabkommens mit den USA konzentriert. Dabei konnte er die von US-Präsident Donald Trump erhobenen Sonderzölle für die in Japan wichtige Autoindustrie etwas abmildern. Im Gegenzug sagte er Investitionen über 550 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten zu. "Nachdem Japan das Handelsabkommen unterzeichnet hat und der Präsident den Erlass unterschrieben hat, haben wir eine wichtige Hürde genommen", sagte Ishiba mit erkennbar bewegter Stimme. "Ich möchte den Stab an die nächste Generation weitergeben."
Die Regierungskrise hatte auch den Yen und die japanischen Staatsanleihen belastet. Die Rendite der 30-jährigen Anleihe war in der vergangenen Woche auf ein Rekordhoch gestiegen. Ein Nachfolger Ishibas könnte Experten zufolge Neuwahlen ausrufen, um sein Mandat zu stärken. Fast 55 Prozent der Befragten einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo halten eine vorgezogene Wahl allerdings für unnötig.
Als mögliche Nachfolger werden Ishibas Partei-Rivalin Sanae Takaichi und Landwirtschaftsminister Shinjiro Koizumi gehandelt. Takaichi war Ishiba bei der Stichwahl um den LDP-Vorsitz im vergangenen Jahr noch knapp unterlegen und gilt als Befürworterin einer expansiven Fiskal- und Geldpolitik. Koizumi hatte sich mit seinem Kampf gegen die stark steigenden Preise einen Namen gemacht.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/AFP