Politik

Wahldebakel für Regierungspartei Japans Premier droht kürzeste Amtszeit der Nachkriegszeit

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Das Votum ist klar, dennoch will Shigeru Ishiba vorerst nicht zurücktreten.

Das Votum ist klar, dennoch will Shigeru Ishiba vorerst nicht zurücktreten.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Seit 1955 wird Japan fast ununterbrochen von einer Partei regiert. Doch bei den ersten Wahlen des neuen Regierungschefs Ishiba erlebt die LDP ein Debakel. Der Ministerpräsident möchte dennoch im Amt bleiben, doch die Zeit rast: Schon in 30 Tagen muss er dem Parlament eine Koalition präsentieren.

Der konservative japanische Regierungschef Shigeru Ishiba hat der Bevölkerung nach dem Debakel seiner Partei LPD bei den vorgezogenen Parlamentswahlen "grundlegende Reformen" zugesagt. Diese würden sowohl die Finanzierung der Liberaldemokraten als auch die Politik betreffen, sagte Ishiba vor Journalisten in Tokio. Der Politiker machte den Korruptionsskandal seiner Regierungspartei für das schlechte Wahlergebnis verantwortlich. Dieser habe für "Misstrauen und Verärgerung" gesorgt.

Die LDP fuhr bei der Wahl ihr schlechtestes Ergebnis seit 15 Jahren ein. Berichten des Senders NHK zufolge stellt die Partei künftig nur noch 191 Abgeordnete, bisher waren es 259. Geschwächt durch die Unzufriedenheit über die hohe Inflation und den Korruptionsskandal kommen die LDP und ihr Juniorpartner Komeito gemeinsam nur noch auf 215 der 465 Sitze im japanischen Parlament. Für eine Regierungsmehrheit sind 233 Sitze notwendig. Um seine Regierungsarbeit fortsetzen zu können, muss sich Ishiba um weitere Partner bemühen.

Ishiba bleiben 30 Tage

Das japanische Parlament muss innerhalb von 30 Tagen zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über den Ministerpräsidenten abzustimmen. Sollte Ishiba gewählt werden, kann er ein neues Kabinett bilden. Sollte das Parlament jedoch einen neuen Regierungschef wählen, wäre Ishibas Amtszeit laut japanischen Medien die kürzeste der japanischen Nachkriegszeit.

Größter Herausforderer von Ishiba ist der frühere Ministerpräsident Yoshihiko Noda von der Konstitutionellen Demokratischen Partei Japans. Die größte Oppositionspartei konnte bei der Unterhauswahl deutlich zulegen, erhielt aber auch keine Mehrheit.

Sollte bei der Abstimmung über den Ministerpräsidenten im Parlament kein Kandidat die Mehrheit erreichen, könnte es zu einer Stichwahl zwischen Ishiba und Noda kommen. Es wird erwartet, dass Ishibas LDP und Nodas Partei damit beginnen, andere Oppositionsparteien zu umwerben, um eine Koalition oder ein Bündnis zu bilden. Das Oppositionslager in Japan ist stark zersplittert.

"Hartes Urteil"

Der 67 Jahre alte Ishiba hatte erst am 1. Oktober die Nachfolge von Fumio Kishida als japanischer Regierungschef angetreten. Umfragen vor der Wahl hatten bereits angedeutet, dass es die Koalitionsparteien schwer haben könnten, erneut auf eine Mehrheit zu kommen.

Die LDP regiert das G7-Land seit 1955 fast ununterbrochen. Ishiba war angetreten, seine von Skandalen erschütterte Partei zu erneuern. Nur acht Tage nach dem Amtsantritt löste Ishiba das Unterhaus in der Hoffnung auf, sich bei den Neuwahlen am Sonntag das Mandat der Wähler zu sichern. Der Politikveteran hat sich verrechnet, er sprach bereits nach den ersten Prognosen von einem "harten Urteil" der Wählerinnen und Wähler. Diese hätten "den starken Wunsch geäußert, dass die LDP sich besinnt und eine Partei wird, die im Einklang mit dem Willen des Volkes handelt", sagte er dem Sender NHK.

Entgegen der Erwartung vieler japanischer Medien trat Ishiba nicht zurück. Er will im Amt bleiben und eigenen Angaben zufolge nicht zulassen, dass in Japan ein "politisches Vakuum" entsteht. "Ich möchte meine Pflicht erfüllen, indem ich die Leben der Menschen beschütze, Japan beschütze", sagte der Politiker. Einem Mitglied der Partei zufolge reichte allerdings der Leiter des Wahlkomitees der LDP seinen Rücktritt ein.

Quelle: ntv.de, chr/AFP/dpa

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