Russische Pässe für Ostukrainer Kiew fordert schärfere Russland-Sanktionen
24.04.2019, 19:56 Uhr
Der ukrainische Präsident Poroschenko fordert nach der Ankündigung Moskaus eine Verschärfung der Sanktionen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Russland baut seinen Einfluss in der Ostukraine aus. Per Dekret vereinfacht der Kreml im Kriegsgebiet den Zugang zur russischen Staatsbürgerschaft. In Kiew weckt der Vorstoß böse Erinnerungen. Präsident Poroschenko und Amtsnachfolger Selenskyj kritisieren das Verhalten Moskaus scharf.
Der scheidende ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat die geplante Ausgabe von russischen Pässen im Kriegsgebiet im Osten als Sabotage des Friedensprozesses kritisiert. Russland torpediere alle Bemühungen für Frieden, sagte er in Kiew. "Es geht faktisch um die Vorbereitung des Kremls zum nächsten Punkt der Aggression gegen unseren Staat: die Annexion des ukrainischen Donbass oder die Schaffung einer russischen Enklave in der Ukraine." Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, "das schlimmste Szenario" zu verhindern und die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Moskau habe "rote Linien" überschritten.
Außenminister Pawel Klimkin schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: "Ich rufe die ukrainischen Bürger der von Russland besetzten Gebiete auf, die russischen Pässe nicht anzunehmen." Sein Ministerium teilte mit, man werde die Bewohner der Separatistengebiete weiter als ukrainische Staatsbürger betrachten.
Region seit Jahrhunderten russisch geprägt
Auch das Team des künftigen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj forderte eine Verschärfung der Sanktionen. "Die Ukraine zählt auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft (...) und auf eine Verschärfung des diplomatischen Drucks sowie der Sanktionen gegen Russland", hieß es in einer Erklärung Selenskyjs. "Diese Handlung ist eine weitere offensichtliche Bestätigung für die Weltgemeinschaft der wahren Rolle Russlands, als Aggressorstaat, der einen Krieg gegen die Ukraine führt." Das Dekret aus Moskau bringe eine Waffenruhe nicht näher.
Der Kreml hatte zuvor mitgeteilt, dass Einwohner mit ständigem Wohnsitz in "einzelnen Kreisen" der Gebiete Donezk und Luhansk in einem "vereinfachten Verfahren" russische Staatsbürger werden könnten. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte ein entsprechendes Dekret unterzeichnet. Die Region ist seit Jahrhunderten russisch geprägt. Der Kreml sprach von einer schnellen Prüfung der Unterlagen innerhalb von drei Monaten.
Kiew befürchtet Einfrieren des Konflikts
Putin sagte der Agentur Interfax zufolge, er sei um die Menschenrechte in der Region besorgt. "Wir haben nicht den Wunsch, der neuen ukrainischen Führung irgendwelche Probleme zu schaffen." Der Donezker Separatistenchef Denis Puschilin bedankte sich bei Russland und twitterte weiter: "Wir haben lange auf diesen Schritt gewartet und sind äußerst froh, dass dieser Tag gekommen ist. Danke!"
In Kiew befürchtet man durch den Vorstoß ein Einfrieren des Konflikts ähnlich wie im moldauischen Transnistrien. In dem 1990 von Moldau abgespaltenen Gebiet hat der Großteil der Einwohner ebenfalls die russische Staatsbürgerschaft. Bei einer Eskalation des Konflikts könnte der Kreml gemäß seiner Doktrin direkt die russische Armee unter dem Vorwand des Schutzes der eigenen Staatsbürger einsetzen - ähnlich wie im georgischen Südossetien im August 2008.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa/AFP