Politik

Massiver Betrug und Rückstände Krankenversicherte zahlen nicht

Gefälschte Rezepte, Scheinbehandlungen, manipulierte Rechnungen - der Abrechnungsbetrug im Gesundheitssystem nimmt massiv zu . Ermittler sehen eine "steigende kriminelle Energie". Die Krankenkassen haben aber auch mit einem anderen Problem zu kämpfen. Immer mehr Versicherte zahlen nicht, die Ausstände betragen mehr als 1,5 Milliarden Euro.

Da hilft keine Spritze: Die Krankenkassen kämpfen gegen massiven Betrug und eine sinkende Zahlungsmoral.

Da hilft keine Spritze: Die Krankenkassen kämpfen gegen massiven Betrug und eine sinkende Zahlungsmoral.

(Foto: dpa)

Die Hinweise auf Abrechnungsbetrüger steigen bei sprunghaft an. Im vergangenen Jahr gingen beim Ermittlungsteam der Deutschen Angestellten-Krankenkasse DAK insgesamt 1562 Tipps ein - fast 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Kasse konnte Gelder in Höhe von 1,7 Millionen Euro zurückholen, nach knapp 2 Millionen Euro im Jahr zuvor. Derzeit geht die Hamburger Zentrale der DAK rund 1800 Verdachtsfällen nach.

Der Abrechnungsbetrug im deutschen Gesundheitssystem nehme weiter zu, heißt es in der Mitteilung. "Steigende Fallzahlen sind sicherlich ein Indiz für die steigende kriminelle Energie bei den Leistungserbringern", erklärte der Leiter der zehnköpfigen Ermittlungsgruppe, Volker zur Heide. "Sie sind aber auch ein Beleg dafür, dass sich unsere Methoden bei der Hinweisprüfung und Fallverfolgung stetig verbessert haben."

Abrechnungsbetrüger gibt es nach Darstellung der Krankenkasse in allen Bereichen. Klarer Schwerpunkt bei den Hinweisen im vergangenen Jahr waren sogenannte Heilmittel wie etwa Physiotherapie, Krankengymnastik oder Massagen (47 Prozent), gefolgt von Betrügereien bei der Pflege (13) und bei der ärztlichen Behandlung (12).

"Die Fälle werden immer komplexer und die Fallbearbeitungen immer umfangreicher", erklärte zur Heide. "Wir stellen fest, dass die Leistungserbringer verstärkt Rechtsanwälte einschalten, was die Verfahren zusätzlich in die Länge zieht." Außerdem meldeten immer mehr Leistungserbringer im Laufe der Ermittlungen Insolvenz an - dann sei es nicht mehr möglich, den Schaden zu regulieren.

Die Zahlen der DAK beruhen nur auf Fällen von vorsätzlichem Abrechnungsbetrug mit kriminellem Hintergrund oder von Vertragsstrafen. Geldrückflüsse aus der routinemäßigen Abrechnungsprüfung sind nicht enthalten.

Rückstände häufen sich an

Säumige Beitragszahler schulden außerdem den gesetzlichen Krankenkassen eine immer größer werdende Milliardensumme. Insgesamt gibt es nach den jüngsten Zahlen einen Rückstand von 1,53 Milliarden Euro, teilte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit. Diese Ausstände vom Februar waren allein binnen eines Monats spürbar gewachsen. Im Januar waren es laut Verband noch 1,44 Milliarden Euro.

Ende 2011 hatte sich der Fehlbetrag noch auf rund 1,2 Milliarden Euro belaufen. Im August 2011 hatten 638.000 Versichertenkonten Rückstände von gut einer Milliarde Euro aufgewiesen. Ein großer Teil der säumigen Zahler war nach Einführung der Versicherungspflicht 2007 in die gesetzliche Krankenversicherung zurückgekehrt. Allein von ihnen stehen laut Verband 466 Millionen Euro aus. Diese Beiträge hatte vormals das Sozialamt übernommen.

"Die Einführung der Versicherungspflicht bedeutete nicht, dass die Mitglieder ihre Beiträge auch zahlen können", sagte Verbandssprecherin Ann Marini. Auch weitere freiwillig versicherte Selbstständige sind unter den säumigen Zahlern. Die meisten der Versicherten, die den Krankenkassen Geld schulden, gelten als arm.

Bei den Kassen gibt es in der Regel gestaffelte Mahnverfahren. Säumige Zahler werden oft mehrere Male angeschrieben, wie es bei den Versicherungen hieß. Zuletzt versuchen die Hauptzollämter als Inkassostellen des Bundes und anderer öffentlich-rechtlicher Einrichtungen das Geld einzutreiben.

Hierbei versuchen Vollziehungsbeamte im Außendienst dafür zu sorgen, dass Schuldner die ausstehenden Beiträge entrichten. Wenn die Betroffenen allerdings wenig Mittel haben, gebe es auch nichts zu holen, hieß es in Kreisen einzelner Krankenkassen.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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