Finanzminister bei Maischberger Lindner will Grüne "nicht durch weitere Forderungen quälen"
20.10.2022, 04:10 Uhr
War vom Machtwort des Kanzlers nicht überrascht: Christian Lindner.
(Foto: ARD)
Kaum hat Bundeskanzler Scholz in der AKW-Frage ein Machtwort gesprochen, kommt auf FDP-Chef und Finanzminister Lindner neuer Ärger zu. Der Bundesrechnungshof rügt die Finanzierung des Entlastungspaketes der Ampel. Über beides Spricht Lindner in der ARD-Sendung Maischberger.
Für FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner ist der Streit um die Verlängerung der AKW-Laufzeiten beendet. "Die Diskussion, die wir jetzt geführt haben, möchte ich kein zweites Mal erleben", so Lindner in der ARD-Talkshow "Maischberger". Deutschland kann laut Lindner jetzt sehr schnell und in hohem Umfang Flüssiggas von den Weltmärkten importieren.
Gleichzeitig verlangt der FDP-Chef eine massive Beschleunigung der Planungsverfahren in Deutschland, um erneuerbare Energien schnell ausbauen zu können. Zudem müssten alle Kohlekraftwerke ans Netz und die französischen Atomkraftwerke schnell repariert werden. "Dann werden wir die Diskussion, die wir in diesem Winter geführt haben, nicht wiederholen müssen", so Lindner.
Wie er zu seiner Aussage stehe, die noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke sollten noch bis Ende 2024 laufen, will die Moderatorin wissen. Lindner kontert: "Ich verstehe die journalistische Aufforderung, dass ich jetzt diesen Streit fortsetze und die Grünen durch weitere Forderungen quäle. Ich möchte die Einladung aber nicht annehmen." Ob diese Aussage nur für "jetzt" gilt oder auch noch im Frühjahr 2023, lässt Lindner offen. Seine Grundüberzeugung habe sich jedenfalls nicht geändert: Hätte die FDP alleine entscheiden können, hätte sie neue Brennstäbe bestellt und für den Notfall zur Verfügung gehalten, falls sie gebraucht worden wären. Aber es ist eine beklagenswerte Tatsache, dass die FDP die absolute Mehrheit bei den letzten Wahlen verfehlt hat."
"Vom Inhalt des Machtworts nicht überrascht"
Wirtschaftsminister Robert Habeck und er seien von dem Inhalt des Machtworts von Scholz nicht überrascht worden, sagt der Minister. "Wenn das so gewesen wäre, dann hätte die Koalition ein Vertrauensproblem." Scholz habe "eine gute Entscheidung in der Sache" gefällt, betont Lindner und verweist auf eine Studie des IFO-Instituts, nach der die Strompreise nun um bis zu 10 Prozent zurückgehen könnten.
Der Bundestag wird sich am heutigen Donnerstag erstmals mit dem endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie am 15. April 2023 befassen. Bis dahin sollen alle drei noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke weiterlaufen, hatte Bundeskanzler Scholz am Montag entschieden.
Neben der Diskussion um die Abschaltung der Atomkraftwerke wartet schon das nächste Problem auf den Finanzminister. Der Bundesrechnungshof hat die Finanzierung des 200 Millionen Euro schweren Entlastungspaketes kritisiert. Sie könnte gegen die Verfassung verstoßen. Das Paket, mit dem unter anderem die Strom- und die Gaspreisbremse finanziert werden sollen, soll aus einem "Sondervermögen" finanziert werden, quasi aus einem Schattenhaushalt. Insgesamt gibt es zurzeit etwa dreißig dieser Nebenhaushalte. Lindner hat sich vorgenommen, diese Zahl zu senken.
Schattenhaushalte sind problematisch, weil durch sie die wahren Ausgaben des Staates unübersichtlich werden können. Problem ist in diesem Fall aber auch, dass dieses Sondervermögen zu einer Finanzierung einer Notlage aufgewendet werden soll, die in der Zukunft liegt. Die Finanzierung soll bis zum Frühjahr 2024 laufen. Der Bundesrechnungshof kritisiert: Niemand könne mit Sicherheit sagen, ob die Energiekrise wirklich so lange dauere.
Lindner erklärt das bei Maischberger so: "Wir setzen jetzt unsere wirtschaftliche Stärke ein: Wir borgen uns aus der Zukunft Geld, um heute diese ruinösen Preisspitzen abzufangen." Natürlich könnten diese Preisspitzen auch aus dem Haushalt abgefangen werden, nur müsste dazu die Schuldenbremse verlängert werden. Das will Lindner nicht, sagt er: "Ich möchte die Schuldenbremse im regulären Haushalt haben, damit es keinen Dammbruch gibt, damit nicht alles Mögliche finanziert wird und wir nie wieder zu Solidität zurückkommen. Deshalb trenne ich davon die krisenbedingten Ausgaben."
Lindner hat gute Chancen, dass sich das Bundesverfassungsgericht am Ende nicht mit seiner Haushaltsführung befasst, denn dazu müsste jemand erstmal das Gericht anrufen. Die Union hält sie zwar für fragwürdig, doch ob sie wirklich vor dem Verfassungsgericht klagen und damit die finanziellen Erleichterungen für Bürger und Unternehmen durch das Sparpaket gefährden will, ist fraglich.
Quelle: ntv.de