"Evakuierungen" abgeschlossen London: Russland fehlt Kraft zu Offensive bei Cherson
28.10.2022, 15:47 Uhr
In der Region Cherson ist die ukrainische Armee auf dem Vormarsch.
(Foto: picture alliance / AA)
Die britischen Geheimdienste berichten von dramatischen Verhältnissen bei den russischen Fronttruppen nahe Cherson: Sonst 100-köpfige Kompanien bestünden zuletzt nur noch aus wenigen Männern. Moskau verlege sich daher zunehmend aufs reine Verteidigen der Positionen.
Die russischen Streitkräfte sind nach Angaben der britischen Geheimdienste im Kampf um die strategisch wichtige Stadt Cherson extrem geschwächt. Wie es im täglichen Briefing heißt, habe Moskau einige Truppen entlang des Flusses Dnipro offenbar mit gerade erst mobilisierten Reservisten aufgestockt, um die minimale Besetzung zu verbessern.
Den Angaben zufolge hätten russische Kompanien im Gebiet Cherson im September nach Angaben russischer Offiziere aus sechs bis acht Mann bestanden. Normalerweise bestehe eine Kompanie aus etwa 100 Soldaten.
Wegen der personellen Engpässe richtet sich Russland laut London zunehmend auf die Verteidigung seiner Positionen ein. In den vergangenen Wochen hätten die russischen Bodentruppen in den meisten Frontabschnitten eine langfristig ausgerichtete, defensive Stellung eingenommen, berichtete das Verteidigungsministerium. "Dies liegt wahrscheinlich an einer realistischeren Einschätzung, dass die stark unterbesetzte, schlecht ausgebildete Truppe in der Ukraine derzeit nur zu defensiven Operationen fähig ist", hieß es im täglichen Bericht der Geheimdienste.
Russland: Keine Zivilisten mehr in der Region
Die russischen Behörden geben derweil an, die Region Cherson geräumt und alle Zivilisten in russisch kontrolliertes Gebiet gebracht zu haben. Die Arbeit, die Bewohner von der rechten Seite des Flusses Dnipro wegzubringen, sei "abgeschlossen", erklärte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef der Halbinsel Krim, Sergej Aksjonow, bei Telegram. Die ukrainische Armee erklärte, Moskaus "sogenannte Evakuierung" gehe weiter.
Die pro-russischen Behörden hatten kürzlich die Bewohner der Region Cherson aufgefordert, auf die linke Seite des Dnipro überzusetzen. Am Mittwoch erklärte der von Russland eingesetzte Verwaltungschef der Region Cherson, Wladimir Saldo, innerhalb einer Woche hätten mehr als 70.000 Zivilisten in der Region ihre Wohnungen verlassen. Die Ukraine verglich das russische Vorgehen mit den "Deportationen" der Sowjetzeit.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP