Nach Rücktritt von Bayrou Macron ernennt Verteidigungsminister Lecornu zum neuen Premier
09.09.2025, 20:59 Uhr Artikel anhören
Lecornu ist bereits der fünfte Regierungschef unter Macron in weniger als zwei Jahren.
(Foto: dpa picture alliance/abaca/Poitout Florian/ABACA)
Nach dem zweiten Abgang eines Premiers in kurzer Zeit muss Macron erneut einen Nachfolger finden. Er ernennt den bisherigen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu zum neuen Premier Frankreichs. Vorgänger Bayrou regierte nur knapp neun Monate. Le Pen wirft Macron vor, seine "letzte Patrone" abzufeuern.
Nur einen Tag nach dem Sturz der Mitte-Rechts-Regierung in Frankreich hat Staatschef Emmanuel Macron den bisherigen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu zum Premierminister ernannt. Das teilte der Élysée-Palast mit. Er wird damit Nachfolger von François Bayrou, der nach einer verlorenen Vertrauensfrage den Rücktritt seiner Regierung eingereicht hat. Lecornu gilt als enger Vertrauter von Präsident Macron.
Am Vorabend hatte der bisherige Premierminister Bayrou eine von ihm selbst eingeleitete Vertrauensabstimmung verloren. Es war das erste Mal, dass eine französische Regierung nach einer Vertrauensfrage stürzte, die der Premierminister selbst gestellt hatte. Hintergrund war ein Streit über von Bayrou geplante Sparmaßnahmen in Höhe von 44 Milliarden Euro.
Zuvor war bereits die Regierung von Michel Barnier im Dezember von der Opposition mit einem Misstrauensvotum nach nicht einmal drei Monaten im Amt gestürzt worden. Bayrou regierte nur knapp neun Monate. Das Scheitern der beiden schadet auch dem Ansehen von Macron, der den Premier ernennt. Macron selbst kann nach zwei Amtszeiten 2027 nicht erneut antreten.
Frankreichs Grüne sprechen von "Provokation"
In der Nationalversammlung stehen sich Macrons Liberale, das linke Lager und die Rechtsnationalen um Marine Le Pen als drei große Blöcke gegenüber. Keiner von ihnen verfügt über eine eigene Mehrheit. Das Regieren in lagerübergreifenden Koalitionen ist Frankreich nicht gewohnt. Macron ignorierte erneut Forderungen des links-grünen Lagers, das bei der Parlamentswahl 2024 als Wahlbündnis auf Platz eins gelandet war, jemanden aus ihren Reihen zum Regierungschef zu ernennen. Sozialistenchef Olivier Faure hatte sich vergeblich für den Posten angeboten.
Die rechtspopulistische Fraktionschefin Marine Le Pen warf Macron vor, seine "letzte Patrone" abzufeuern. Sie gehe davon aus, dass es Neuwahlen gebe und der Premierminister anschließen der rechtspopulistische Parteichef Jordan Bardella sein werde. Grünen-Chefin Marine Tondelier nannte die Ernennung eines weiteren Premierministers aus dem Regierungslager eine "Provokation".
Der neue Premier Lecornu ist ein enger Wegbegleiter Macrons, der sich mit der Organisation landesweiter Debatten zur Beilegung der Gelbwesten-Proteste 2019 einen Namen gemacht hatte. Diese Erfahrung könnte ihm bei den bevorstehenden Protesten gegen die Regierung nützlich sein.
Quelle: ntv.de, bho/dpa/AFP