Italiens Regierung vor dem Aus Mattarella nimmt Rücktritt von Draghi an
21.07.2022, 09:12 Uhr
Italiens Regierungschef Draghi auf dem Weg ins Parlament.
(Foto: picture alliance / ANSA)
Der italienische Regierungschef Mario Draghi sieht keine Möglichkeit zum Weiterregieren und bietet seinen Rücktritt an. Staatspräsident Mattarella akzeptiert das Gesuch.
Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat den Rücktritt von Regierungschef Mario Draghi angenommen. Das teilte der Quirinalspalast in Rom mit. Die Regierung bleibe zunächst für die laufenden Geschäfte im Amt. Zuvor reichte der Ex-Chef der Europäischen Zentralbank wie schon vor einer Woche sein Rücktrittsgesuch erneut bei dem 80 Jahre alten Oberhaupt der Italienischen Republik ein.
Mattarella kommt damit eine wichtige Rolle für die Zukunft des Landes mit seinen fast 60 Millionen Einwohnern zu. Als Nächstes muss er entscheiden, ob er die Parlamentskammern auflöst und damit den Weg für eine vorgezogene Wahl ebnet oder ob er einen Experten oder Politiker sucht, um eine neue Regierungsmehrheit aus dem bestehenden Parlament zu formen.
Draghi gewann zwar am Mittwoch ein Vertrauensvotum im Senat, jedoch nicht mit der von ihm erwünschten breiten Mehrheit. Die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung, die rechtspopulistische Lega und die konservative Forza Italia stimmten nämlich nicht mit ab.
Auslöser der Regierungskrise war das ausgebliebene Vertrauen der Fünf-Sterne-Bewegung für das Kabinett des parteilosen Ex-Chefs der Europäischen Zentralbank. Bei einer Abstimmung vor einer Woche hatte die mitregierende Mitte-Links-Partei Draghi wegen Uneinigkeiten über ein Hilfspaket und den darin enthaltenen Bau einer Müllverbrennungsanlage in Rom das Vertrauen verweigert und damit die Regierungskrise eskalieren lassen. Draghi reichte daraufhin bei Staatschef Mattarella seinen Rücktritt ein. Dieser lehnte Draghis erstes Gesuch aber ab und bestellte ihn stattdessen für heute zu einer Aussprache in den Senat.
Im zweiten Halbjahr 2022 muss Italien wichtige Reformen umsetzen, damit Brüssel die nächste Tranche der Corona-Wiederaufbauhilfen in Milliardenhöhe ausschüttet. Außerdem muss das Parlament den Haushalt für 2023 planen, was sich meist lange hinzieht. Im Fall einer Neuwahl wäre das Land politisch zunächst kaum handlungsfähig, und das in Zeiten steigender Inflation und Energie-Preise - bedingt durch den Ukraine-Krieg.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa