Kanzlerin will weitermachen Merkel hofft auf Gegenkandidaten
09.07.2011, 07:40 Uhr
Merkel und Steinbrück feuern die K-Debatte schon früh an. Gebe es die Chance einer Direktwahl, würde wohl Steinbrück neuer Bundeskanzler werden.
(Foto: dapd)
Die Parlamentarier sind in die Sommerferien gegangen. Für die nachrichtenarme Zeit hinterlassen sie gerne ein paar Aussagen, die es ihnen ermöglichen, im Gespräch zu bleiben. Bundeskanzlerin Merkel gibt nebenbei bekannt, dass sie zur Bundestagswahl in zwei Jahren erneut antreten wird. Die SPD meint hingegen, Merkel ruiniere Deutschlands Ruf.
Zur Halbzeit der Legislaturperiode hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) klar zu erkennen gegeben, dass sie in gut zwei Jahren zur Wiederwahl für eine dritte Amtszeit antreten will. "Also, ich hoffe doch, dass ich einen Gegenkandidaten von der SPD bekomme zur nächsten Bundestagswahl", sagte sie dem Fernsehsender Sat.1. Sie warte ab, wer von der SPD nominiert werde. "Das habe ich schon bei der letzten Bundestagswahl so gemacht. Und es wurde ja auch da einer aufgestellt."
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier erhofft sich von der Debatte über den künftigen Kanzlerkandidaten einen neuen Schub für seine Partei. Er sagte der "Frankfurter Rundschau": "Zwei Jahre nach der Bundestagswahl 2009 scheint für die Öffentlichkeit nichts interessanter als die Frage, welcher Sozialdemokrat Kanzler wird." Steinmeier war vor knapp zwei Jahren als Herausforderer gegen Kanzlerin Merkel unterlegen. Nach 20 Monaten Schwarz-Gelb gebe es bei den Wählern "eine große Sehnsucht, endlich wieder mit Vernunft und Augenmaß regiert zu werden", so Steinmeier.
Zuletzt war vor allem über Ex-Finanzminister Peer Steinbrück als Anwärter auf die Kanzlerkandidatur spekuliert worden. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend schneiden sowohl Steinbrück als auch Steinmeier besser ab als Kanzlerin Merkel. Die Entscheidung über die SPD-Kandidatur werde aber "frühestens Ende 2012" fallen, betonte Steinmeier. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte der "Passauer Neuen Presse" auf die Frage nach dem nächsten Kanzlerkandidaten, er werde rechtzeitig einen Vorschlag zum Verfahren machen. Dafür, dass der SPD vor nicht allzu langer Zeit das Kanzleramt gar nicht mehr zugetraut worden sei, könne er der Diskussion um den früheren Finanzminister für die Partei positives abgewinnen.
Zugleich kritisierte der SPD-Chef, dass es vor allem eine Medien-Debatte sei. Man suche scheinbar einen Ersatz für den über die Plagiatsaffäre gestolperten früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). "Da muss jetzt jemand neues her."
Opposition zieht negative Bilanz
Der Opposition kommt dagegen kein gutes Wort über die Halbzeitbilanz von Schwarz-Gelb über die Lippen. "Wir haben die schlechteste Regierung seit Beginn der Demokratie in Deutschland", wetterte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin bei n-tv. Er bemängelte, dass Union und FDP ihre Wahlversprechen sämtlich gebrochen hätten. "Wir haben alle weniger Netto vom Brutto", erinnerte er an den Wahlkampfslogan der FDP, die großzügige Entlastungen angekündigt hatte. Tatsächlich hätten die Liberalen den Bürgern "gigantische Beitragserhöhungen in den gesetzlichen Krankenkassen beschert."
Doch nicht nur die FDP sei das Problem dieser Regierung, schob Trittin hinterher: "Das Hauptproblem dieser Regierung sitzt im Kanzleramt und heißt Angela Merkel."
Gabriel: Merkel ist Durchgefallen
Gabriel übte zur Halbzeit der Legislaturperiode massive Kritik an Merkel und ihrer schwarz-gelben Koalition. "Kein Bundeskanzler zuvor hat das innen- und außenpolitische Renommee Deutschlands so sehr ruiniert wie Merkel. Innenpolitisch werden die Probleme nicht gelöst, außenpolitisch werden wir nicht mehr ernst genommen. Wir werden unter unseren Möglichkeiten regiert." Merkels Art der Politik sei "ein Turbolader für Politikverdrossenheit".
Zur parlamentarischen Sommerpause stellte der SPD-Chef Schwarz-Gelb ein schlechtes Zeugnis aus: "In der Schule würde man sagen: Der Regierung Merkel kann man keine Note geben, denn die hat am Unterricht gar nicht teilgenommen. Wir werden nicht regiert, sondern eine Streitkoalition sagt heute dies und morgen das. Dafür gibt es keine Note, sondern nur die Wertung: Durchgefallen."
Normaler Hänger?
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sieht trotz der zur Zeit für die Union keinen Grund zur Sorge. "Das ist in der Halbzeit einer Legislaturperiode ganz natürlich", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Es gibt Grund, jetzt eine ruhige Sommerpause hinzulegen und dann mit einem Höchstmaß an Geschlossenheit innerhalb der Union und gemeinsam mit der FDP die zweite Halbzeit zu gestalten."
Mit Blick auf die schwindende Popularität der Kanzlerin betonte Seehofer: "Frau Merkel ist total unangefochten. Sie hat die uneingeschränkte Unterstützung der CSU." Der als SPD-Kanzlerkandidat ins Gespräch gebrachte Steinbrück löse bei ihm hingegen "eine behagliche innere Ruhe aus. Er soll sich ruhig weiter so im Gespräch halten. Das ist gut für die Union."
Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erklärte: "Frau Merkel ist in der CDU alternativlos." Allerdings werde sich auf dem Parteitag Mitte November in Leipzig "die Zukunft der CDU entscheiden. Dort müssen glaubhafte und widerspruchsfreie Botschaften formuliert werden." In jedem Fall sei "eine neue Etappe von CDU-Politik notwendig, damit wir Regierungsfähigkeit über 2013 hinaus sichern können".
Quelle: ntv.de, dpa