Bundeskanzler über Kriegsgefahr Merz: "Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr im Frieden"
29.09.2025, 23:42 Uhr Artikel anhören
"Wir sind in einer völlig anderen Welt": Kanzler Merz in Düsseldorf auf dem Weg zum "Ständehaus-Treff".
(Foto: picture alliance/dpa)
In einer Grauzone zwischen Krieg und Frieden befindet sich Europa derzeit, analysiert Bundeskanzler Merz. Der CDU-Chef fügt hinzu, dass diese Einsicht durchaus schockieren kann. Privat hat ihn das Amt auch verändert: Er trinke praktisch keinen Alkohol mehr.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich zu der Frage geäußert, wie hoch er die Kriegsgefahr für Deutschland einschätzt. "Ich will's mal mit einem Satz sagen, der vielleicht auf den ersten Blick ein bisschen schockierend ist, aber ich mein ihn genau, wie ich ihn sage: Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im Frieden", sagte der CDU-Chef beim "Ständehaus-Treff" der "Rheinischen Post" in Düsseldorf. Man lebe in einer Zeit grundlegender Verschiebungen: Die regelbasierte Weltordnung werde durch pure Machtpolitik abgelöst. Das gehe einher mit dem Einsatz militärischer Mittel. "Wir sind in einer völlig anderen Welt", folgerte Merz.
Die Drohnen-Überflüge, die zuletzt in Dänemark und über Schleswig-Holstein stattgefunden hätten, seien eine besorgniserregende Entwicklung, sagte Merz. Bis jetzt handele es sich offenbar um unbewaffnete Drohnen, die aber mit Spähtechnik ausgestattet seien und bis zu acht Meter Spannweite hätten. "Wir wissen auch noch nicht genau, wo sie wirklich herkommen. Die Vermutung liegt nahe, dass sie von Russland kommen."
Der Umgang mit dieser Gefahr sei alles andere als trivial, da die Bundesrepublik ja nun ein dicht besiedeltes Land sei. Deshalb könne man eine solche Acht-Meter-Drohne nicht einfach vom Himmel holen. "Die fliegt in irgendeinen Vorgarten, in einen Kindergarten oder in ein Krankenhaus. Da müssen wir schon ein bisschen aufpassen, was wir da machen." Das Beste wäre, diese Drohnen erst gar nicht in den europäischen Luftraum zu lassen, betonte Merz.
Merz verzichtet seit Amtsantritt auf Alkohol
Sein Leben als Bundeskanzler hat Merz auch privat in eine andere Welt katapultiert. "Ich trinke praktisch keinen Alkohol mehr", sagte der 69-Jährige in Düsseldorf. Er sei jetzt zu einem "Stück Inventar der Bundesrepublik Deutschland" geworden. Das Amt begleite ihn 16 Stunden am Tag. Es gebe daneben kaum noch etwas anderes.
Er wolle sich dadurch aber nicht unter Druck setzen lassen. Zwar müsse er immer erreichbar sein, "aber ich gehe zum Beispiel am Wochenende raus. Versuche, mit meiner Frau Zeit zu verbringen." Er probiere auch, mindestens einen Tag am Wochenende zu Hause zu sein und dann auch an die Luft zu kommen. Wenn er nicht Bundeskanzler geworden wäre, wäre das für ihn im Übrigen auch keine Tragödie gewesen: "Es ist nie so gewesen, als ob ich nun gesagt hätte, auf meinem Grabstein muss draufstehen: Bundeskanzler a.D. Ich seh' das eh nicht mehr."
Quelle: ntv.de, mau/dpa