Sprengsatz in Büste versteckt? Militär-Blogger stirbt bei Explosion in St. Petersburg
02.04.2023, 19:11 Uhr
Ein unter dem Pseudonym Wladlen Tatarskij bekannter Militär-Blogger lädt Medienberichten zufolge zu einem "patriotischen Abend" in ein Café in Sankt Petersburg ein - das Wagner-Chef Prigoschin gehören soll. Dort bekommt er offenbar ein Geschenk, das ihn das Leben kostet.
Einer der bekanntesten russischen Kriegsberichterstatter ist bei einer Explosion in einem Café im Zentrum von Sankt Petersburg ums Leben gekommen. Weitere 25 Menschen wurden bei der Detonation des Sprengsatzes verletzt, wie die Staatsagentur Tass berichtete.
Der 40-jährige Journalist und Blogger mit dem Pseudonym Wladlen Tatarskij sei auf der Stelle tot gewesen. Maxim Fomin, wie sein richtiger Name lautet, hatte laut Medienberichten zu einem "patriotischen Abend" in das Café "Stritfud-Bar No.1" eingeladen. Dieses soll demnach Jewgeni Prigoschin, dem Chef der berüchtigten Söldnertruppe Wagner, gehören.
Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler war der Sprengsatz in einer Büste eingebaut, die Tatarskij bei dem Treffen als Geschenk überreicht wurde. Das Geschenk - Augenzeugen berichteten von einer vergoldeten Büste des Bloggers - sei ihm von einer jungen Frau überreicht worden, schrieben örtliche Medien. Sie habe sich anschließend in eine der hinteren Zuschauerreihen gesetzt, sei aber nach der Explosion verschwunden. Die Fahndung nach ihr laufe auf Hochtouren.
Eine Gruppe namens "Cyber Front Z", die sich selbst in den Onlinenetzwerken als "Russlands Informationssoldaten" bezeichnet, erklärte bei Telegram, das Lokal für den Abend gemietet zu haben. "Es gab einen Terroranschlag. Wir haben bestimmte Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, aber es waren nicht genug."
Tatarskij stammte aus der Region Donezk in der Ostukraine, die Russland als annektiert bezeichnet. Ab 2014 hatte er zunächst als Aufständischer für die Unabhängigkeit des russisch kontrollierten Donbass gekämpft, ehe er sich dem Journalismus zuwandte. In seinem Blog verbreitete er Videos vom Frontgeschehen in der Ukraine und gab zuletzt jungen russischen Soldaten Tipps, wie sie sich in den vordersten Linien verhalten sollten.
Mehr als eine halbe Million Menschen haben seinen Kanal im Onlinedienst Telegram abonniert. Im vergangenen September hatte Tatarskij den Kreml aufgefordert, eine noch härtere Gangart einzuschlagen. Er schlug einen "präventiven Atomschlag" auf die Schlangeninsel vor, von der die russischen Truppen im Juli abgezogen waren. Er gehört zu den größten Kritikern des russischen Militärapparates und bezeichnete diesen immer wieder als zu wenig kompromisslos.
Mychajlo Podoljak, Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, schrieb nach der Explosion in St. Petersburg bei Twitter: "In der Russischen Föderation fängt es an ... Spinnen fressen sich gegenseitig in einem Glas". Es sei eine Frage der Zeit, wann der heimische Terrorismus zu einem Instrument des innenpolitischen Kampfes werden würde. Russland stünden irreversible Prozesse bevor.
Quelle: ntv.de, chl/dpa/AFP