Winteroffensive gescheitert Russische Militärblogger wütend über ausbleibende Erfolge
02.04.2023, 19:27 Uhr Artikel anhören
Halten im Donbass noch immer Stand: ukrainische Soldaten auf dem Weg zur Front nahe Bachmut.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Der Druck auf die russische Militärführung erhöht sich: Neben mehreren westlichen Einschätzungen sind auch innerhalb Russlands immer mehr Experten der Ansicht, die Winteroffensive in der Ukraine habe kaum Erfolg. Entsprechend machen Militärblogger ihrem Ärger Luft.
Nicht nur westliche Analysten sehen die Winteroffensive der russischen Truppen als wenig erfolgreich an, auch in Russland wächst die Kritik an den geringen militärischen Erfolgen. Aus Sicht russischer Militärblogger müssten Moskaus Streitkräfte eigentlich die Städte Bachmut und Awdijiwka einnehmen, um auf die im April erwartete Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte vorbereitet zu sein. Vor allem russische Blogger, die das Vorgehen der russischen Truppen beobachten und analysieren, hatten ihre Kritik an der Militärführung in Moskau zuletzt wieder deutlich verschärft. Die öffentlichen Äußerungen dieser Ultranationalisten dürften wie schon zuvor Einfluss auf Putins Entscheidungen haben, analysieren die Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW).
Der neu gegründete nationalistische "Klub wütender Patrioten" in Russland kritisierte in einem Video die korrupte Militärführung und Elite Moskaus. Die Initiatoren rufen zu dringendem Handeln auf. Unter ihnen ist auch der frühere russische Geheimdienstoffizier Igor Girkin, der unter dem Pseudonym Igor Strelkow 2014 den Aufstand der moskautreuen Separatisten im Osten der Ukraine anführte. Er warnte nun vor einer Niederlage in dem Krieg gegen die Ukraine.
Putin könnte Militärführung erneut umbauen
Damit teilen russische Beobachter die Einschätzung vieler westlicher Experten, die unterstellen, Russland sei mit seiner Winteroffensive in der Ostukraine gescheitert. Die gesteckten Ziele einer vollständigen Einnahme der Gebiete Donezk und Luhansk seien nicht erreicht worden, schrieb das ISW in Washington. Die Analysten erwarten demnach einen baldigen neuen Umbau der russischen Kommandostrukturen für den Krieg gegen die Ukraine. Der erst im Januar als Befehlshaber der Truppen im Kriegsgebiet eingesetzte Generalstabschef Waleri Gerassimow habe die Erwartungen von Kremlchef Wladimir Putin nicht erfüllt, hieß es. Er könne kaum Gebietsgewinne vorweisen.
Putin hatte bereits mehrfach die Kommandeure ausgewechselt. Laut ISW galt für Gerassimow der 31. März als Zieldatum, den kompletten Donbass einzunehmen. Das Scheitern begründen die Experten mit fehlender Kampfkraft der russischen Truppen. Im Gebiet Donezk konzentrierten sich die seit Monaten dauernden Kämpfe weiter auf die strategische Stadt Bachmut und die Region. Ein Ende dieser bisher blutigsten Schlacht des Krieges ist nicht in Sicht. Russland erklärte immer wieder, sich angesichts der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine auf einen langen Krieg einzustellen.
Zuvor hatte bereits das britische Verteidigungsministerium Vergleichbares zur Winteroffensive berichtet. Dort hieß es im täglichen Bericht auch, dass Russland zwar minimale Landgewinne erzielt habe, dafür aber hohe Verluste erlitten habe. Den personellen Vorteil, der durch die Mobilisierung im Herbst zumindest zeitweise erzielt wurde, sei damit bereits weitergehend verspielt, urteilte London. Dazu erschwere die Witterung ein Vorankommen der russischen Streitkräfte. Massiver Schneefall und dann wieder Tauwetter mit Schlamm, mache es Fahrzeugen schwer, sich fortzubewegen, zehre aber auch die Soldaten aus.
Quelle: ntv.de, als/dpa