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"Amerikanischer Kreuzzug" Minister mit zweifelhaftem Ruf - wer ist Pete Hegseth?

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Keine Erfahrung, treuer Trump-Fan: Pete Hegseth.

Keine Erfahrung, treuer Trump-Fan: Pete Hegseth.

(Foto: REUTERS)

Der 44-jährige Pete Hegseth macht Europa und der Ukraine gleich zu Beginn seiner Amtszeit als US-Verteidigungsminister harte Ansagen. Der neue Pentagon-Chef war eine alles andere als unumstrittene Wahl: Trumps Lieblings-TV-Moderator überstand das Nominierungsverfahren nur knapp.

Vielen Verteidigungs- und Außenpolitikern in Europa schwante es schon, jetzt zeigt der neue US-Minister Pete Hegseth den transatlantischen Partnern, wie es künftig laufen wird: Europa muss sich verstärkt selbst um die Sicherheit auf dem Kontinent kümmern, die Ukraine kann sich eine NATO-Mitgliedschaft und eine Rückkehr zu den Grenzen vor 2014 abschminken. Damit schlägt der 44-Jährige gleich zu Beginn seiner Amtszeit dicke Pflöcke ein, die die Sicherheitsordnung der Welt auf Jahre prägen werden.

Dabei war der recht unerfahrene neue Leiter des mächtigsten Militärs der Welt eine hochumstrittene Wahl. Direkt nach seiner Nominierung stand er wegen einer Reihe unbequemer Enthüllungen bereits in der Defensive. Zum einen wurde der 44-Jährige vor einigen Jahren wegen eines sexuellen Übergriffs beschuldigt, zum anderen trägt er Tattoos mit mittelalterlichen Symbolen, wie sie gerne von weißen Rassisten und Neonazis verwendet werden.

So war Hegseth 2017 von einer Frau in Kalifornien ein sexueller Angriff vorgeworfen worden. Er zahlte einen Betrag in unbekannter Höhe - es ist von 50.000 Dollar die Rede - an die Frau, um eine Klage und einen Prozess zu verhindern. Hegseths Anwalt Tim Parlatore bestätigte die Zahlung später: "Er wurde zu Unrecht beschuldigt und mein Standpunkt ist der, dass er das Opfer von Erpressung war." Sein Mandant habe Angst um seinen Job beim Nachrichtensender Fox News gehabt. Die sexuelle Begegnung in einem Hotel in Monterey sei einvernehmlich gewesen.

Zweifelhafte Tattoos

Der Vorwurf gegen Hegseth war erhoben worden, nachdem er eine Rede bei einer republikanischen Veranstaltung für Frauen im kalifornischen Monterey gehalten hatte, wie die Stadt mitteilte. Die Person, die den mutmaßlichen Angriff gemeldet habe, habe Prellungen am rechten Oberschenkel gehabt. Waffen seien laut der Person nicht im Spiel gewesen, hieß es in der Mitteilung.

Zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Vorfalls 2017 befand sich Hegseth im Scheidungsverfahren mit seiner zweiten Ehefrau. Diese beantragte die Scheidung, nachdem Hegseth ein Kind mit einer Fox-News-Produzentin gezeugt hatte, die inzwischen mit ihm verheiratet ist, wie aus Gerichtsunterlagen und Posts Hegseths in den sozialen Medien hervorgeht. Auch seine erste Ehe war Gerichtsunterlagen zufolge 2009 nach Ehebruch durch Hegseth gescheitert.

Derweil werfen Hegseths Tätowierungen die Frage auf, wie nah der 44-Jährige rassistischen und rechtsextremen Kreisen steht. Auf seiner Brust prangt das Jerusalemkreuz, auf seinem Oberarm ist "Deus vult" eintätowiert (Gott will es) - Symbole und Parolen aus dem Mittelalter, die in den vergangenen Jahren in großem Stil von weißen Rassisten, Neonazis und der antiislamischen Szene übernommen wurden.

Fehlwurf bei Axtwurf-Wettbewerb

2021 wurde Hegseth aus dem Korps entfernt, das die Vereidigungszeremonie von Präsident Joe Biden überwachen sollte - wegen der Tattoos galt er als Sicherheitsrisiko. Hegseth selbst sagt, dies seien christliche Symbole, die lediglich seinen Glauben widerspiegelten.

Allerdings ist er auch Autor eines Buchs mit dem Titel "American Crusade" ("Amerikanischer Kreuzzug"), das so beworben wird: "Schließen Sie sich dem politischen und kulturellen Kampf für Amerikas Freiheit an - und lernen Sie, wie Sie unser Land vor der linken Agenda schützen können." Es tauchte auch ein Video auf, in dem Hegseth bei einem Axtwurf-Wettbewerb das Ziel verfehlte und beinahe einen Menschen schwer verletzt hätte.

Zum Lebenslauf des einstigen Soldaten gehören Kampferfahrungen in Afghanistan und im Irak. In der Nationalgarde stieg er bis zum Rang eines Majors auf - ein niedriger Rang im Vergleich zu den Generälen und Admirälen, deren Vorgesetzter er an der Spitze des Pentagon ist. Ansonsten verfügt er über Abschlüsse von den US-Eliteuniversitäten Princeton und Harvard. Seiner Website zufolge gab er sein Harvard-Zeugnis jedoch zurück und kritisierte die Uni öffentlich für ihre angeblich linken Lerninhalte.

Hegseth profilierte sich in den Augen Trumps als Moderator der Sendung "Fox & Friends Weekend". "Sie kennen das Militär besser als jeder andere", sagte Trump bei einem Auftritt Anfang Juni an Hegseth gerichtet und fügte hinzu, er habe schon häufiger daran gedacht, ihm die Leitung des Pentagon zu übertragen.

"Fehlende Erfahrung, parteiisches Gerede"

Nach Angaben der "Washington Post" hatte Hegseth im Jahr 2019 bei Trump die Begnadigung zweier Soldaten erwirkt, denen Mord vorgeworfen wurde. Ein dritter Soldat erhielt demnach seinen Dienstgrad zurück, den er verloren hatte, nachdem er im Irak mit einer Leiche posiert hatte.

Der ehemalige republikanische Mitarbeiter Justin Higgins hat Hegseth 2016 unter die Lupe genommen; damals hatte ihn Trump nach seinem ersten Wahlsieg für die Leitung des Veteranenministeriums in Betracht gezogen. Er sei 2016 zu dem Schluss gekommen, dass Hegseth nicht für den Posten qualifiziert sei, sagte Higgins später. In den acht Jahren danach bei Fox News habe Hegseth keineswegs die nötige Erfahrung gesammelt, um an der Spitze einer gigantischen Militärverwaltung mit 3,4 Millionen Soldaten und zivilen Mitarbeitern sowie einem Jahresbudget von mehr als 850 Milliarden Dollar (806,6 Milliarden Euro) stehen zu können, schrieb Higgins weiter.

Hegseth verfüge über wenig Erfahrung in der Außenpolitik oder im Kongress, sein einziger ziviler Führungsnachweis sei die Tätigkeit als Geschäftsführer einer kleinen gemeinnützigen Organisation. "Er kompensiert seine fehlende Erfahrung durch gefährliches parteiisches Gerede", schrieb Higgins. "Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass er tun und sagen würde, was Trump will."

Letztlich überstand Hegseth angesichts der Bedenken auch in den eigenen Reihen das nötige Bestätigungsverfahren durch den Senat nur knapp. Am Ende brauchte es die Stimme von Vizepräsident J.D. Vance, der bei einer Pattsituation bei Senatsabstimmungen das Zünglein an der Waage ist. Neben zwei republikanischen Senatorinnen stimmte auch der ehemalige Mehrheitsführer Mitch McConnell gegen ihn.

Quelle: ntv.de, jog/AFP/AP

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