Kleines, feines Kabinett für Italien Monti als Premier vereidigt
16.11.2011, 15:22 Uhr
Monti stellt in Rom seine Ministerriege vor.
(Foto: dpa)
Mario Monti wird von Präsident Napolitano als italienischer Premier vereidigt. Zudem stellt er sein Kabinett vor. Monti übernimmt darin auch das Wirtschaftsressort. Das Kabinett besteht ausschließlich aus Fachleuten. "Die Abwesenheit von Politikern erleichtert die Arbeit", so Monti. Die neue Regierung muss noch vom Parlament bestätigt werden.
Der neue italienische Ministerpräsident ist in Rom vereidigt worden. Der ehemalige EU-Kommissar legte als erster des neuen Kabinetts seinen Amtseid vor Staatspräsident Giorgio Napolitano ab. Im Anschluss an die Zeremonie im Quirinalpalast des Staatspräsidenten ging Monti traditionsgemäß in den Palazzo Chigi und übernahm offiziell das Amt von seinem Vorgänger Silvio Berlusconi. Berlusconi wünschte ihm "Viel Glück" und verließ den Regierungssitz gemeinsam mit seinem Vertrauten Gianni Letta, wie italienische Medien berichteten.
Zuvor hatte Monti seine Regierung vorgestellt, die durchweg aus Technokraten besteht. Kein einziges Ministerium wird unter dem ausgewiesenen Wirtschaftsexperten von einem Berufspolitiker geführt. Stattdessen wird Monti selbst zusätzlich das Wirtschaftsministerium leiten. Ein weiteres Schlüsselressort, das für Infrastruktur und Industrie, geht an den Chef der Großbank Intesa Sanpaolo, Corrado Passera. Noch in dieser Woche will sich die Regierung in beiden Kammern des Parlaments einer Vertrauensabstimmung stellen.
Monti und Napolitano waren zuvor zu einem Gespräch zusammengekommen. Im Anschluss präsentierte Monti sein "Kabinett der Fachleute" aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Monti stellte zwölf Minister vor, insgesamt werden seiner Regierung 16 Minister angehören. Fünf Minister sind "ohne Portfolio", also Sonderminister ohne Geschäftsbereich für besondere Aufgaben.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy schickte Glückwünsche und übermittelte Monti den Wunsch Frankreichs für eine enge Zusammenarbeit. "Die kommenden Wochen werden entscheidend sein. Zusammen werden wir Erfolg haben", heißt es in einer vom Elysée veröffentlichten Erklärung. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel freut sich auf die Zusammenarbeit mit dem Ministerpräsidenten: "Sie schätzt ihn sehr. Er ist ein Fachmann, der die europäischen Verhältnisse sehr gut kennt", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der frühere italienische Regierungschef Romano Prodi kommentierte: "Ich glaube, dass Monti der richtige Mann ist, um die Spannungen zu überwinden."
Namen sind bekannt
Zunächst hatte es geheißen, Monti wolle auch Politiker ist sein Kabinett berufen. "Während der Konsultationen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Abwesenheit von Politikern der Regierung die Arbeit erleichtert, da sie einen Grund für Befangenheit beseitigt", erklärte Monti nun.
Monti hatte zunächst einer Regierungsbildung nur "unter Vorbehalt" zugestimmt. Der 68-Jährige wollte erst mit Parteien und Sozialpartnern sondieren, wie breit der Rückhalt für eine Notregierung ist.
Neuer Außenminister wird der derzeitige Botschafter Italiens in Washington, Giulio Terzi di Sant'Agata. Das Verteidigungsministerium geht an den NATO-Admiral Giampaolo de Paola. Justiz-, Arbeits- und Innenministerium sind weiblich besetzt mit der bekannten Strafanwältin Paola Severino als neuer Justizministerin, der ausgewiesenen Verwaltungsfachfrau Anna Maria Cancellieri als Innenministerin und der Wirtschaftswissenschaftlerin Elsa Fornero als neuer Arbeitsministerin.
Zustimmung gilt als sicher
Die Regierung Monti muss danach noch vom Parlament bestätigt werden. Es gilt als sicher, dass die 63. italienische Nachkriegsregierung spätestens am Freitag eine breite Zustimmung des Parlaments in Rom erhalten wird. Sein Regierungsprogramm wolle er zuvor im Senat vorstellen, erklärte Monti. Den Ex-EU-Mann erwartet die schwere Aufgabe, das Land aus der tiefen Schulden- und Wachstumskrise der Berlusconi-Ära zu führen.
Am Dienstag hatten die beiden größten Parteien des Landes - die PdL-Partei Berlusconis und die linke PD (Demokratische Partei) des Pierluigi Bersani - ihre Unterstützung für ein Monti-Kabinett zugesagt. Auch die Sozialpartner befürworten eine Regierung unter dem angesehenen und parteilosen Wirtschaftsfachmann.
Die PD begrüßte nun die neue Regierung. "Wir haben einen Wechsel und eine neue, starke Technokratenregierung gefordert: Klar, dass wir zufrieden sind", erklärte Parteichef Pierluigi Bersani. Auch aus den Reihen der PdL-Partei von Berlusconi kamen positive Stimmen. Berlusconis Ex-Justizminister Francesco Nitto Palma bezeichnete seine Nachfolgerin Severino sowie die neue Innenministerin Cancellieri als optimale Wahl. Das Amt des Justizministers ist vor allem für Berlusconi sensibel, der noch in vier Verfahren auf der Anklagebank sitzt. Vatikan-Staatssekretär Tarcisio Bertone wünschte Monti ebenfalls gutes Gelingen.
Die Chefin der größten italienischen Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso, äußerte die Hoffnung, dass die neue Regierung nicht sofort mit der von den Gewerkschaften abgelehnten Lockerung des Arbeitnehmerschutzes anfangen werde. Dasselbe gelte für die geplante Rentenreform.
Ein negatives Echo auf den neuen Premier kam - wie erwartet - aus den Reihen von Berlusconis ehemaligem Bündnispartner Lega Nord. "Wenn es wahr ist, dass man den guten Tag schon an seinem Morgen erkennt, dann herrscht schon jetzt dunkle Nacht", polterte der frühere Minister für Gesetzesvereinfachung, Lega-Mann Roberto Calderoli. Seine Partei werde mit Freuden gegen die neue Regierung stimmen. Die populistische Nordpartei hatte sich von Anfang an gegen eine Übergangsregierung ausgesprochen und Neuwahlen angestrebt.
Quelle: ntv.de, dpa