Mundlos wohl mit Doppelleben NSU-Terroristin Zschäpe packt beim BKA aus
07.06.2024, 13:38 Uhr Artikel anhören
Mundlos (l.), Zschäpe und Böhnhardt sind als NSU für zehn Morde verantwortlich.
(Foto: picture alliance / dpa)
Unerkannt zieht der NSU mordend über Jahre durch Deutschland. Zehn Menschen töten die Rechtsterroristen. Die in Haft sitzende Zschäpe sagt jetzt gegenüber den deutschen Behörden aus - und offenbart Details zu den Taten.
Mehr als zwölf Jahre nach der Enttarnung der rechtsextremen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) verfolgen Fahnder neue Spuren. Das berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf eigene Informationen. Anlass sind Aussagen der NSU-Terroristin Beate Zschäpe gegenüber dem Bundeskriminalamt (BKA).
Bei fünf Vernehmungsterminen von August bis Oktober 2023 hat die zu lebenslanger Haft verurteilte Zschäpe ausführlich über ihre Zeit im Untergrund und über ihre toten Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gesprochen. Unter anderem berichtete die inzwischen 49-Jährige von längeren Abwesenheiten von Mundlos. Einer der Gründe sei eine jahrelange Beziehung von Mundlos mit einer in der Schweiz lebenden Frau gewesen - sie könne sich jedoch nur an deren Vornamen erinnern.
Bei der Suche nach Mundlos' angeblicher Freundin stießen die Fahnder auf eine Rechtsextremistin, die damals in der Schweizer Neonazi-Szene aktiv war und enge Kontakte zu dem rechtsextremen Netzwerk "Blood & Honour" und der gewaltbereiten Gruppe "Combat 18" hatte. Anfang März durchsuchten Schweizer Ermittler ihre Wohnung im Kanton Zürich. In einer Zeugenbefragung bestritt die 39-Jährige jedoch, Mundlos gekannt zu haben. Beweise, die dies widerlegen könnten, fanden die Ermittler bislang offenbar nicht.
Polizistenmord für Waffenbeschaffung
Zschäpe machte zudem Angaben zum Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter im April 2007 in Heilbronn. Demnach hätte der Anschlag auf Kiesewetter und deren Kollegen Martin A. allein dazu gedient, zuverlässige Polizeiwaffen zu beschaffen. Zschäpe zufolge schoss Mundlos auf Martin A., während Böhnhardt auf Kiesewetter feuerte.
Die junge Polizistin starb, ihr Kollege überlebte schwer verletzt. Später, so Zschäpe, habe Böhnhardt ihr erzählt, dass er am Tatort die Buchstaben "NSU" an einer Wand hinterlassen habe. Tatsächlich fand sich an der Mauer, vor der Kiesewetters Streifenwagen geparkt war, ein solcher Schriftzug. Bei den damaligen Ermittlungen erkannte jedoch niemand seine Bedeutung.
Die Aussagen Zschäpes lieferten der Bundesanwaltschaft bereits genug Material für eine Anklage gegen eine mutmaßliche NSU-Unterstützerin. Gegen Susann E. wurde Ende Februar Anklage erhoben, diese soll zum Teil auch auf Angaben Zschäpes basieren.
Der NSU war eine Terrorzelle, die von 2000 an jahrelang unerkannt zehn Morde in ganz Deutschland verübte. Das Trio war im November 2011 nach einem gescheiterten Banküberfall aufgeflogen. Mundlos und Böhnhardt hatten sich in einem Wohnwagen das Leben genommen. Zschäpe hatte sich Tage später gestellt.
Quelle: ntv.de, lme