Politik

Wahrheit womöglich vertuscht Ohnesorg doch gezielt getötet?

Das Ohnesorg-Denkmal in Berlin. Trotz neuer Erkenntnisse würde es für eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen Kurras nicht reichen, heißt es von Seiten der Staatsanwaltschaft.

Das Ohnesorg-Denkmal in Berlin. Trotz neuer Erkenntnisse würde es für eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen Kurras nicht reichen, heißt es von Seiten der Staatsanwaltschaft.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Es ist der 2. Juni 1967, als Karl-Heinz Kurras den Studenten Benno Ohnesorg erschießt - aus Notwehr, wie er sagt. Kurras wird in zwei Prozessen freigesprochen. Doch nun werden Fotos und Filmsequenzen vom Tatort mit neuer Technik ausgewertet. Das Fazit: Um Kurras zu schützen, sollen Spuren verwischt und Akten gesäubert worden sein.

Der tödliche Schuss gegen den Studenten Benno Ohnesorg 1967 in West-Berlin könnte nach Recherchen des "Spiegels" doch gezielt abgefeuert worden sein. Der Polizist Karl-Heinz Kurras, der 2009 als Stasi-Spitzel enttarnt worden war, hatte sich stets auf Notwehr berufen. Der heute 84-Jährige war 1967 und 1970 vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung mangels Beweisen freigesprochen worden.

Kurras habe den Schuss offensichtlich unbedrängt aus nächster Nähe und umgeben von mehreren Polizisten abgegeben, berichtet das Magazin unter Berufung auf neue Ermittlungen der Bundesanwaltschaft und eigene Recherchen. Auf einer bislang unbekannten Filmsequenz sei zu sehen, wie ein Mann mit ruhigen Schritten in Richtung Ohnesorg geht, während sich in seiner Hand ein pistolenförmiger Gegenstand abzeichnet. Die Ermittler stellten dem Bericht zufolge dazu fest: "Die Konturen legen dabei nahe, dass es sich um Kurras handelt."

Wort und Bild im Widerspruch

Zudem hatte laut "Spiegel" der damalige Einsatzleiter als Kurras Vorgesetzter erklärt, er habe den Schützen erst erheblich später gesehen. Nun zeigen dem Bericht zufolge Fotos den leitenden Beamten der Berliner Polizei wenige Meter von der Stelle entfernt, an der Kurras aus kurzer Distanz den Schuss abfeuerte. Ein weiteres Bild zeigt demnach den Einsatzleiter, den verwundet am Boden liegenden Ohnesorg und in unmittelbarer Nähe auch den Todesschützen Kurras.Das Nachrichtenmagazin schreibt, Polizistenkollegen sollen damals Spuren verwischt, Akten gesäubert und falsche Angaben gemacht haben, um Kurras zu schützen.

Nach der Enttarnung von Kurras als Stasi-Agent hatten Bundesanwaltschaft und Berliner Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte die Prüfung, ob das Strafverfahren gegen Kurras neu aufgerollt werden muss, im vergangenen November wieder eingestellt. Trotz neuer Erkenntnisse würde es für eine Wiederaufnahme nicht reichen, hieß es. Für ein Verfahren gegen einen rechtskräftig Freigesprochenen gebe es "engste rechtliche Voraussetzungen".

Detaillierte Auswertung erst jetzt möglich

Der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft sagte, eine detaillierte Foto-Auswertung habe sich erst durch neue technische Möglichkeiten ergeben. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe sagte, es gebe keinen Anhaltspunkt für eine Verbindung zwischen dem Schuss von Kurras und seiner Tätigkeit für die DDR-Staatssicherheit.

Ohnesorgs Tod gilt als einer der Auslöser für die Radikalisierung der Studentenbewegung und bereitete auch linksterroristischen Gruppen wie der RAF den Boden. Kurras erschoss den Studenten am Rande einer Demonstration gegen den persischen Schah in Berlin.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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