In der Tragödie "König Ödipus" tötet die titelgebende Figur unwissentlich den eigenen Vater und heiratet die eigene Mutter. Der Monarch herrscht außerdem weise über sein Volk, trotzdem geht alles schief. Ein früherer SPD-Abgeordneter sieht Parallelen zum Bundeskanzler.

Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu sieht beim Bundeskanzler Gemeinsamkeiten mit einer tragischen Gestalt der griechischen Mythologie. "Olaf Scholz erinnert mich an Ödipus", sagte Felgentreu dem "Spiegel". Denn Ödipus sei die "Geschichte eines eigentlich guten Monarchen, eines guten Politikers, der im Interesse seines Volkes weise regiert, und trotzdem geht auf einmal alles schief", begründet der SPD-Mann seinen historischen Vergleich.

Zunächst verstehe Ödipus nicht, woran das liege, führt Felgentreu aus. Dann stelle sich heraus, "dass viele seiner eigenen vergangenen Fehler der Ursprung dessen sind, was ihm und den Menschen zu schaffen macht, die er regiert".

Politik 04.01.25

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In Sophokles' Tragödie "König Ödipus" tötet die titelgebende Figur unwissentlich den eigenen Vater und heiratet die eigene Mutter. Bekannt ist die mythische Gestalt heute vorwiegend das psychoanalytische Konzept des Ödipuskomplexes, das auf Sigmund Freud zurückgeht.

"Eine Reihe von Versäumnissen"

Auf die Frage, welchen Fehler er bei Scholz ausgemacht hat, antwortet Felgentreu nur indirekt. "Ich würde da nicht einen einzelnen konkreten Fehler benennen", sagt der frühere SPD-Abgeordnete. "Ich meine eher eine Reihe von Versäumnissen, die einer ganzen Generation von Politikern in den vergangenen 30 Jahren unterlaufen sind und die uns jetzt einholen." Als Beispiele nennt Felgentreu die Vernachlässigung der Infrastruktur und Fehleinschätzungen in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Auch für das Ende der Ampel-Koalition findet Felgentreu im "Spiegel" Bezüge zur Antike. "Die Alte Geschichte liefert ja für fast alles mehr oder weniger passende Parallelen", sagt er. "Das zweite Triumvirat zum Beispiel, ein Bündnis zwischen Octavian, Marcus Antonius und Lepidus, ist auch daran zugrunde gegangen, dass einer der Triumvirn mit seinem Erfolg unzufrieden war und wegen überzogener Forderungen kaltgestellt wurde."

Auf den Hinweis, dies klinge nach Christian Lindner, sagte Felgentreu: "Damals war es Lepidus. Der durfte aber immerhin seinen Lebensabend in einer süditalienischen Luxusvilla zubringen. Es gibt Schlimmeres."

Felgentreu ist klassischer Philologe. Von 2013 bis 2021 saß er für die SPD im Bundestag und war in dieser Zeit verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik kehrte er an das Evangelische Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin zurück.