Politik

"Dinge verschwinden Richtung Polen" Osten fordert Grenzkontrollen

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach dänischem Vorbild möchten immer mehr Bürgermeister ostdeutscher Gemeinden die Grenzkontrollen nach Polen wieder einrichten. Auch hier geht es um Kriminalitätsbekämpfung. Derweil schickt Brüssel Experten zu einer Inspektion an die dänischen Grenzen zu Schweden und Deutschland. Zu sehen bekommen sie nichts – die Dänen machen Stichproben-Pause.

Solche Stichproben werden nicht immer erhoben. Davon konnten sich die Brüsseler Beamten überzeugen.

Solche Stichproben werden nicht immer erhoben. Davon konnten sich die Brüsseler Beamten überzeugen.

(Foto: dpa)

Die EU lässt im Streit um die nicht locker: Experten aus Brüssel sollten die umstrittenen dänischen Kontrollen an den Übergängen zu Deutschland und Schweden vor Ort inspizieren. Wie eine Sprecherin der Zollbehörde in Kopenhagen mitteilte, bekamen die Entsandten allerdings nichts zu sehen: "Es waren für diesen Tag keine Stichproben vorgesehen. Deshalb waren auch keine Beamten da."

Die neunköpfige Gruppe besuchte zunächst den dänisch-schwedischen Grenzübergang auf der Öresund-Querung zwischen Kopenhagen und Malmö. Danach stand ein Besuch am dänisch-deutschen Autobahn-Grenzübergang Frøslev-Ellund (deutsch: Fröslee) bei Flensburg auf dem Programm.

Nichts los auf der Öresundbrücke.

Nichts los auf der Öresundbrücke.

(Foto: picture alliance / dpa)

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hatte die Inspektion damit begründet, dass man die Einhaltung des EU-Rechts in der Praxis überprüfen wolle. Brüssel hat Bedenken, dass Kopenhagen gegen den freien Personenverkehr nach dem und den freien Warenverkehr nach dem EU-Vertrag verstoßen könnte.

Deutsche Provinz findet Gefallen am Dänemark-Modell

Die vor allem aus Deutschland scharf kritisierten Kontrollen werden von Kopenhagen mit der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität begründet. Dieser Begründung bedient sich auch der Bürgermeister der brandenburgischen Grenzstadt Guben, Klaus-Dieter Hübner. Der FDP-Politiker möchte wie die Dänen auf der Öresund-Querung Grenzkontrollen auf der Oderbrücke einführen. Er verwies darauf, dass die Zahl der Diebstähle von 2007 bis 2010 um fast 32 Prozent gestiegen sei. "Die Dinge verschwinden einfach Richtung Polen", klagt Hübner.

Die Menschen strömen wie hier in Frankfurt (Oder) von hüben nach drüben. So soll es laut Schengener Abkommen bleiben.

Die Menschen strömen wie hier in Frankfurt (Oder) von hüben nach drüben. So soll es laut Schengener Abkommen bleiben.

(Foto: dpa)

Im Rahmen des Schengener Abkommens war seit dem 21. Dezember 2007 an der deutsch-polnischen Grenze nicht mehr kontrolliert worden. "Das soll auch so bleiben", kritisieren Hübners Amtskollegen aus Schwedt und Frankfurt (Oder), Lutz Herrmann und Martin Wilke. Die freie Fahrt an der Grenze wolle niemand mehr vermissen, sagte Herrmann dem rbb. Zudem könnten Straftaten durch die Präsenz von Bundespolizei und Zoll verhindert werden. Wilke meint, dass man die Grenzkriminalität nur durch eine "Zusammenarbeit zwischen deutschen und polnischen Behörden wirkungsvoll bekämpfen" könne.

Wohnungseinbrüche und Autodiebstähle haben trotz moderner Sicherungstechnik zugenommen.

Wohnungseinbrüche und Autodiebstähle haben trotz moderner Sicherungstechnik zugenommen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Daran glauben mehrere Bürgermeister grenznaher Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr. "Die seit April zusätzlich abgestellten Polizisten haben die Kriminalität leider nicht spürbar senken können", sagte Markus Strömich, Sprecher der Gemeinde Heringsdorf auf der Insel Usedom. In Mecklenburg-Vorpommern war die Kriminalität 2010 insgesamt zwar zurückgegangen, aber die Wohnungseinbrüche und Autodiebstähle hatten zugenommen. Der Trend setzt sich 2011 fort. Davon ist Usedom besonders betroffen. Viele Bürger fordern deshalb, direkt an der Grenze die Kontrollen wieder einzuführen. Es sollten dabei aber "keine Verkehrsbehinderungen an der Grenze auftreten", sagte der Bürgermeister von Ramin, Reinhart Retzlaff. Zu seiner Gemeinde gehören ebenfalls mehrere Orte unmittelbar vor Polen.

Polizei warnt vor neuer Polen-Debatte

Der Polizei gefällt die gar nicht. Sie warnt vor einer Kriminalisierung der polnischen Nachbarn. Zwar sei es nicht zu leugnen, dass es gerade in Guben Probleme mit Einbrüchen gebe, sagte der Sprecher des Polizeipräsidiums, Rudi Sonntag. Allerdings sei es falsch, "alles auf die Polen abzuschieben", fügte er hinzu. So würden in der Brandenburger Grenzregion immer noch zwei Drittel aller Straftaten von Deutschen begangen.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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