Politik

Cowboyhut gegen US-Satelliten Pakistan versagte bei Jagd auf Bin Laden

Osama bin Laden in einer Videobotschaft von 2001.

Osama bin Laden in einer Videobotschaft von 2001.

(Foto: AP)

Jahrelang versteckt sich Osama bin Laden in Pakistan, während die US-Amerikaner weltweit nach ihm fahnden. Pakistan ist dabei keine große Hilfe. Ein neuer Untersuchungsbericht spricht von Versagen und Inkompetenz auf allen Ebenen – und zeigt neue Details über das Leben des Al-Kaida-Chefs in seinem Versteck.

In diesen Haus versteckte sich Bin Laden mit seiner Familie.

In diesen Haus versteckte sich Bin Laden mit seiner Familie.

(Foto: REUTERS)

Bei der Jagd auf Al-Kaida-Chef Osama bin Laden hat Pakistan komplett versagt, und das womöglich sogar mit Vorsatz. Zu diesem niederschmetternden Ergebnis kommt ein bisher geheimer Bericht einer pakistanischen Untersuchungskommission, den der Sender Al Dschasira veröffentlichte.

Das Urteil der Kommission ist eindeutig: Pakistans Behörden müssten sich nach Auswertung zahlreicher Zeugenaussagen "sträfliche Fahrlässigkeit und Inkompetenz auf nahezu allen Ebenen" vorwerfen lassen, heißt es in dem 336 Seiten starken Bericht. Zwar fand die Kommission keine Beweise für eine direkte Mithilfe. Die Möglichkeit einer "mutmaßlichen Unterstützung" Bin Ladens könne aber nicht ausgeschlossen werden.

Bin Laden trug einen Cowboyhut

Darin zu lesen sind auch neue Details über bin Ladens Zeit im Untergrund. So trug der Terrorchef bei Aufenthalten im Freien immer einen Cowboy-Hut, um sich vor US-Spähsatelliten zu verbergen. Das erzählte eine seiner Ehefrauen den pakistanischen Behörden. Mit dem Hut habe Bin Laden vermeiden wollen, "von oben" erkannt zu werden, wenn er sich im Freien in seinem Anwesen im nordpakistanischen Abbottabad bewegt habe.

Weiter heißt es, bevor Bin Laden in Abbottabad untergetaucht sei, habe die Polizei im pakistanischen Swat-Tal ein Auto mit dem Al-Kaida-Chef und seinen Gefährten gestoppt. Der Fahrer sei auf dem Weg zu einem Basar zu schnell gefahren. Der Polizist habe den Wagen mit dem damals meistgesuchten Terroristen der Welt weiterfahren lassen. Eine der Ehefrauen sagte, ihr Mann habe die Angelegenheit "sehr schnell mit dem Polizisten geregelt", dann sei die Gruppe weitergefahren.

Erstaunlich auch: Bin Laden scheint im Swat-Tal den langen Bart, der auf Video-Botschaften zu seinem Markenzeichen wurde, nicht getragen zu haben. In dem Bericht wird er zu der Zeit als "großer, glatt rasierter Araber" bezeichnet.

Nachbarn bemerkten angeblich nichts

Dass den Nachbarn in Abbottabad, den örtlichen Behörden, der Polizei und den Geheimdiensten die Größe, die merkwürdige Form, der Stacheldraht, die fehlenden Autos oder Besucher über eine Zeit von fast sechs Jahren nicht aufgefallen seien, sei "kaum zu glauben", heißt es in dem Bericht. In dem Haus kümmerte sich Bin Laden nach Aussagen seiner drei Frauen um die religiöse Erziehung seiner Kinder und Enkel. Er brachte ihnen auch den Gemüseanbau bei. "Wann immer er sich schwach fühlte, hat er Schokolade und einen Apfel gegessen", heißt es in dem Bericht.

US-Spezialkräfte töteten Bin Laden im Mai 2011 in seinem Versteck. Gleich nach der US-Aktion gab es viele Fragen zur Rolle Pakistans und einem möglichen Schutz des Terrorchefs durch den Geheimdienst des Landes. Angesichts der Gerüchte rief die Regierung die unabhängige Justizkommission ins Leben, die unter anderem die drei Witwen Bin Ladens befragte. Die Kommission sollte im Auftrag der Regierung herausfinden, wie die USA die eigenmächtige Operation in Pakistan unbemerkt ausführen und wie Bin Laden in Abbottabad untertauchen konnte. Der Bericht war bereits vor der Parlamentswahl im Mai fertig, die Regierung veröffentlichte ihn aber nicht.

Mehr als neun Jahre versteckte sich der Chef des Terrornetzwerks Al-Kaida in Pakistan. Im Frühjahr oder Sommer 2002 floh er vor der Invasion in Afghanistan über die Berge, blieb aber zunächst in den Grenzregionen Swat und Haripur. 2005 bezog er dann mit seiner Familie das Haus in Abbottabad.

Quelle: ntv.de, vpe/AFP/dpa

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