
Muslime beim Gebet in einer Moschee in Niedersachsen: Integration kann nur über eine gemeinsame Sprache funktionieren.
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Wenn wir mit muslimischen Zuwanderern friedlich zusammen leben wollen, müssen wir verstehen, wie sie leben. Der Schlüssel dazu ist die Sprache.
Let's face it: Der Clash ist da! Der "Kampf der Kulturen", von dem Samuel Huntington 1996 in seinem Buch sprach. Darin malte er vor genau 20 Jahren aus, wie in einer Welt, in der es um die Macht der Größe geht, die klassischen Tonangeber USA und Europa ihre Stimme verlieren, weil sie zahlenmäßig den Chinesen, Muslimen und Afrikanern unterlegen sind.
Europa setzt sich mit steigenden Zuwandererzahlen aus muslimischen Ländern mit dem Islam auseinander. Das ist noch eine diplomatische Umschreibung. Man könnte es inzwischen auch einen Kulturkampf nennen.
Wenn wir jetzt über Burkinis streiten, über das Thema Schleier ja oder nein, wenn wir über Sprach- und Integrationskurse diskutieren für die, die zu uns kommen, dann sind das nur Fragmente der letztlich großen Frage: Wohin steuern wir? Hat unsere westliche Kultur ihren Zenit überschritten und wird jetzt abgelöst von neuen Mächten. Von Russland, China, dem Islam?
Von Multikulti spricht in diesen Tagen kaum noch jemand, also von einer friedlich-freundlichen Koexistenz, in der die streng muslimische Familie mit zwei voll verschleierten Ehefrauen Tür an Tür mit dem lesbischen Paar lebt. Dass dies ein zukunftsfähiges Modell ist, daran glauben wohl nur noch die größten Idealisten. Viele Deutsche denken, wir werden zu islamisch. Muslime wiederum sehen sich tagtäglich mit Aufforderungen konfrontiert, doch endlich deutsch zu werden. Die oder wir – so lässt sich zugespitzt die Stimmungslage feststellen.
Es ist eine Grundsatzfrage, vor der wir stehen: Freiheit und damit auszuhalten, dass sich unsere Gesellschaft fundamental verändern wird. Oder das Vorschreiben einer "Leitkultur", wie auch immer die dann aussieht.
Denjenigen, die sagen, die Prognose einer fundamentalen gesellschaftlichen Veränderung sei übertrieben, sei ein Ausflug nach Berlin-Neukölln, Hamburg-St. Georg oder Köln-Kalk empfohlen, wo Werbung und Plakate nur noch auf Türkisch oder Arabisch sind und man beim Bäcker fragen muss: "Sprechen Sie auch Deutsch?" Das soll nicht hetzerisch sein, es ist eine Feststellung. Unsere Freiheit wie bisher zu gestalten, wird heißen, dass sich sehr viele Muslime bei uns in einer Welt einrichten, in der ihre Werte gelten. Und diese Welt wird größer werden und damit ihr Einfluss auf "unser" traditionelles deutsches, europäisches Leben. Das muss ja auch nicht unbedingt schlecht sein. Schließlich ist auch unsere abendländische Kultur nicht vom Himmel gefallen, sondern entstammt zu einem großen Teil den Zivilisationen Byzanz’, Syriens, Palästinas. Speziell germanische Traditionen stellen nur einen kleinen Ausschnitt unseres Wertekanons dar.
Also was tun?
Mit einer staatlichen Leitkultur tun sich andere weniger schwer als wir: China, Russland, arabische Welt, die Türkei. Nun möchten wir ja gerade nicht, dass wir uns – aus unserer Sicht – zurückentwickeln zu einer Gesellschaft, in der "oben" gesagt wird, wie "wir" zu leben haben. In der eben nicht jeder nach seiner Façon glücklich werden kann – die große zivilisatorische, gesellschaftliche Entwicklung des Westens.
Das Problem ist in erster Linie, dass Sprache, Inhalt und islamische Diskussionen nicht die unsere sind, sondern aus Ägypten, Saudi-Arabien, Istanbul kommen. Dadurch fühlen sich viele den islamischen Machtzentren näher, als dem täglichen Leben unter uns. Und wir können nur erahnen, was sich in dieser Parallelwelt in Deutschland abspielt.
Um hier einen Zugang zu bekommen, braucht es Regeln. Das betrifft weniger Schleier und Burkinis, als vielmehr die Sprache. Sie ist nicht nur der Schlüssel für muslimische Zuwanderer, an unserem Leben teilzunehmen. Sie ist auch der Schlüssel für uns, zu verstehen, wie Muslime unter uns leben. "Predigt auf Deutsch!", ist die richtige Aufforderung, denn wenn die Menschen euch verstehen, werden viele weniger Angst vor dem Islam haben. Aber dazu braucht es wohl tatsächlich Vorschriften.
Quelle: ntv.de