Politik

Chaos in Kirgistan geht weiter Regierungschef gewählt - Ex-Präsident in Haft

In der Hauptstadt Bischkek herrscht inzwischen der Ausnahmezustand. Das Militär patrouilliert.

In der Hauptstadt Bischkek herrscht inzwischen der Ausnahmezustand. Das Militär patrouilliert.

(Foto: dpa)

Nach Wahlfälschungen bricht in der früheren Sowjetrepublik Kirgistan das politische Chaos aus. Im Zentrum stehen ein Ex-Präsident, ein amtierender Staatschef und ein Oppositioneller. Letzterer soll die Regierung führen. Russland sorgt sich nun um den zweiten Unruheherd an seinen Grenzen.

In Kirgistan ist nach massiven Protesten der Oppositionelle Sadyr Schaparow vom Parlament als neuer Regierungschef bestätigt worden. Das meldete die kirgisische Nachrichtenagentur Akipress aus der Hauptstadt Bischkek. Zunächst war unklar, ob das die Lage in dem verarmten zentralasiatischen Land beruhigt. Der 51-Jährige war zuvor wie Ex-Präsident Almasbek Atambajew aus einem Gefängnis befreit worden. Seit einer Woche herrscht in Kirgistan politisches Chaos. Die Ex-Sowjetrepublik mit sechseinhalb Millionen Einwohnern steht nach zwei Revolutionen möglicherweise vor einem neuen Umbruch.

Schaparow betonte derweil, an jetzigen Regierungsmitgliedern festzuhalten und an einer neuen Parlamentswahl nicht teilnehmen zu wollen. Er hatte sich bereits am Mittwoch nach einem entsprechenden Votum des Parlaments als "legitimer Regierungschef" bezeichnet.

Wegen Unklarheiten wurde am heutigen Samstag erneut gewählt. Kurz zuvor war Ex-Präsident Atambajew erneut festgenommen worden. Das Staatliche Komitee für Nationale Sicherheit begründete dies mit der "Organisation von Massenunruhen". Erst zu Wochenbeginn hatten Demonstranten den 64-Jährigen aus einem Gefängnis befreit. Zudem ließ Präsident Sooronbai Scheenbekow hochrangige Sicherheitsbeamte entlassen.

Massive Wahlmanipulation als Auslöser

Ausgelöst wurden Machtkampf und Straßenproteste durch die Parlamentswahl vom Sonntag, bei der offenkundig Ergebnisse gefälscht und Kräfte um Präsident Scheenbekow zum Sieger erklärt wurden. Oppositionsgruppen hatten daraufhin Regierungsgebäude gestürmt und den wegen Korruption verurteilten früheren Präsidenten Atambajew aus der Haft befreit. Die Wahlkommission annullierte inzwischen die Abstimmung nach Ausschreitungen.

Zu Wochenbeginn von seinen Anhängern aus dem Gefängnis befreit, vom Widersacher und Amtsnachfolger inzwischen wieder inhaftiert: Ex-Präsident Atambajew.

Zu Wochenbeginn von seinen Anhängern aus dem Gefängnis befreit, vom Widersacher und Amtsnachfolger inzwischen wieder inhaftiert: Ex-Präsident Atambajew.

(Foto: dpa)

Die Demonstranten fordern seitdem den Rücktritt von Präsident Sooronbaj Scheenbekow. Dieser verhängte schließlich den Ausnahmezustand über die Hauptstadt. In Bischkek gilt nun eine nächtliche Ausgangssperre. Proteste sind verboten. Das Militär patrouilliert auf den Straßen. Die Armee soll im Zentrum der Stadt mit Panzerfahrzeugen unterwegs sein. Scheenbekow hatte aber auch seinen Amtsverzicht versprochen, sobald eine neue Regierung eingesetzt sei.

Atambajew hat in der ehemaligen Sowjetrepublik noch viele Anhänger. Er war im Juni wegen Korruption zu rund elf Jahren Haft verurteilt worden. In seiner Amtszeit soll er unter anderem einem verurteilten Kriminellen zur Flucht verholfen haben. Er selbst sieht die Vorwürfe als politisch motiviert an. Der Sozialdemokrat hatte das Land von 2011 bis 2017 geführt.

Kirgistan ist ein enger Verbündeter Russlands, das in dem Land einen Luftwaffenstützpunkt unterhält. Die Regierung in Moskau erklärte, das Land sei ins Chaos abgerutscht und müsse stabilisiert werden. Kirgistan war lange Gegenstand eines geopolitischen Wettbewerbs zwischen Russland, China und den USA. In den vergangenen 15 Jahren wurden zwei Präsidenten durch Revolten gestürzt. Nach Belarus ist Kirgistan das zweite Land in der Nachbarschaft Russlands, in dem es aktuell nach einer Wahl zu Massenprotesten gegen die Regierung kommt.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/rts

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