Abnutzungskrieg in der Ukraine Russland meldet Eroberung des Dorfes Sokil
06.07.2024, 17:07 Uhr Artikel anhören
Eine Drohnenaufnahme zeigt die Ortschaft Ocheretyne. Das wesentlich kleinere Dorf Sokil liegt wenige Kilometer südwestlich davon.
(Foto: picture alliance/dpa/Kherson/Green)
Der russische Vormarsch in der Ukraine hält augenscheinlich an. Das Verteidigungsministerium in Moskau meldet die Einnahme eines weiteren Dorfes. Die Eroberung zeigt, dass die Ukraine die Front an dem Abschnitt nicht stabilisieren kann.
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben ein weiteres Dorf im ostukrainischen Donezk erobert. Der Heeresgruppe Zentrum sei es durch aktives Handeln gelungen, die Ortschaft Sokil einzunehmen und seine taktische Lage zu verbessern, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die ukrainische Seite hat die Angaben bisher nicht kommentiert. Unabhängig lassen sich die Berichte der Kriegsparteien erst mit einiger Verzögerung nachprüfen. Das Portal Deepstate, das dem ukrainischen Verteidigungsministerium nahesteht, hatte Sokil bereits Ende Juni russischen Besatzern zugeschlagen.
Das Dorf Sokil befindet sich unmittelbar neben der wesentlich größeren und lange umkämpften Ortschaft Otscheretyne. Bei einer Volkszählung vor 20 Jahren hatte das Dorf im Landkreis Pokrowsk nur wenige Dutzend Einwohner hatte. Die 40 Kilometer entfernte und gleichnamige Industrie- und Bergbaustadt Pokrowsk ist womöglich eines der Ziele des russischen Vormarsches in dem Raum. Russische Truppen konnten dort nach dem Fall der Festung Awdijiwka in den vergangenen Monaten vorrücken.
Etwas weiter nördlich hatten russische Truppen zuletzt die Einnahme eines Stadtteils der schwer umkämpften Stadt Tschassiw Jar gemeldet. Unabhängige Militärblogger haben die Eroberung inzwischen bestätigt, sie sagen allerdings, dass die Stadt bisher nicht akut vom Fall bedroht sei.
"Die 'Blume' beginnt zu 'blühen'"
Im Gespräch mit ntv.de erklärte der österreichische Oberst Markus Reisner Anfang der Woche, dass die russischen Truppen entlang der gesamten Front die Initiative haben, durch ihre Angriffe also bestimmen, wo gekämpft wird. "In zwei Schwergewichtsräumen sind sie dabei langsam erfolgreich: zum einen im Raum Tschassiw Jar und bei Otscheretyne im Donbass."
Bei Otscheretyne konnten die russischen Truppen demnach in die zweite Verteidigungslinie der ukrainischen Armee einbrechen. "Die 'Blume', so nennen die Russen das, hat begonnen zu 'blühen'", sagt Reisner. "Kleinere Ortschaften mit 500 bis 1000 Einwohnern, deren Namen man noch nie gehört hat, sind heftigst umkämpft. Sie fallen schließlich nach wochenlangen Kämpfen dem Erdboden gleichgemacht in den Besitz der Russen."
Die russische Taktik sieht Reisner zufolge derzeit folgendermaßen aus: "Die russischen Truppen schießen nicht nur mit Artillerie und Raketenwerfern, sondern werfen gezielt Gleitbomben ab. Mit deren enormer Sprengwirkung können sie ganze Stützpunkte der Ukrainer ausschalten, dann kommt es zum Angriff. Da kommen dann kleinere Elemente zum Einsatz. Ein oder zwei Schützenpanzer, ein Kampfpanzer, oft auch vier bis fünf Motorräder oder kleine ungepanzerte, aber wendige Buggys."
Quelle: ntv.de, chr/dpa