Politik

Initiative des Justizministers Schwarzfahren soll Ordnungswidrigkeit werden

Ticketschulden können ins Gefängnis führen.

Ticketschulden können ins Gefängnis führen.

(Foto: imago images/Jürgen Ritter)

Schwarzfahrer, die das erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro nicht bezahlen, können im Gefängnis landen. Das kostet den Steuerzahler bis zu 218 Euro am Tag. Der Bundesjustizminister will nun prüfen, ob Schwarzfahren als Straftatbestand noch zeitgemäß ist.

Bundesjustizminister Marco Buschmann erwägt, Schwarzfahren von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Sein Haus werde "das Strafgesetzbuch kritisch danach überprüfen, welche Tatbestände noch zeitgemäß sind", sagte Buschmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dazu gehöre "auch der Paragraf, in dem es um das sogenannte Erschleichen von Leistungen geht", unter den auch das Schwarzfahren falle.

Buschmann stellte zudem erneut eine Halbierung der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe - zu der auch Sozialstunden gehören - in Aussicht. Die Maßnahme trifft Menschen, die ihre Geldbuße dauerhaft nicht zahlen, darunter viele Schwarzfahrer. Der Justizminister sagte, in Deutschland säßen "viel zu viele Menschen im Gefängnis für Delikte, bei denen sich der Gesetzgeber eigentlich wünscht, dass die Menschen eine Geldbuße zahlen - und nicht im Knast landen". Er ergänzte: "Wir wollen nicht, dass Menschen allein wegen ihrer Armut in Haft kommen." Die begrenzten Kapazitäten in Gefängnisse brauche der Staat "für Häftlinge, die deutlich schlimmere Delikte begangen haben". Ein Hafttag kostet den Steuerzahler zwischen 126 und 218 Euro, antwortete die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken.

Eine vollständige Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe lehnt Buschmann allerdings ab. Studien zeigten, dass Betroffene "oft erst dann zahlen, wenn sie merken, dass tatsächlich das Gefängnis droht". In Schweden habe eine vollständige Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe dazu geführt, "dass die Zahlung von Geldstrafen heftig ins Stocken geraten ist". Das Land habe den Schritt daher wieder rückgängig gemacht.

Wie viele Menschen in Deutschland eine Haftstrafe verbüßen, weil sie das erhöhte Beförderungsentgelt nicht bezahlt haben, ist nicht ganz klar, weil nicht alle Bundesländer die Zahlen erheben. Im Jahr 2019 waren es allein in Berlin 318 Personen. Bis Mitte Juli konnte der Vollzug wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt werden.

(Dieser Artikel wurde am Sonntag, 17. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, ino/AFP

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