Kreml wartet noch auf Anruf Selenskyj nimmt Trump beim Wort: Krieg endet "früher"
16.11.2024, 11:02 Uhr Artikel anhören
Selenskyj und Trump hatten sich Ende September, also noch vor der US-Wahl, in New York getroffen.
(Foto: dpa)
Einer von Trumps Wahlkampfschlagern war das Versprechen, er werde den Ukraine-Krieg binnen 24 Stunden beenden. Der ukrainische Präsident hat keine Zweifel, dass die neue Führung im Weißen Haus rasch handeln wird. Kiew und der Kreml sind gespannt auf konkrete Vorschläge.
Mit Donald Trump als neuem US-Präsidenten wird der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "früher" enden. "Es ist sicher, dass der Krieg mit der Politik des Teams, das jetzt das Weiße Haus führen wird, früher enden wird", sagte Selenskyj in einem Interview mit der öffentlich-rechtlichen ukrainischen Medienanstalt Suspilne. "Das ist ihr Ansatz, ihr Versprechen an ihre Bürger."
Selenskyj hatte dem Republikaner Donald Trump nach eigenen Angaben bei einem "ausgezeichneten" Telefonat zu dessen "historischem Erdrutschsieg" bei der US-Präsidentschaftswahl gratuliert. "Wir haben vereinbart, einen engen Dialog beizubehalten und unsere Zusammenarbeit voranzutreiben", erklärte der ukrainische Staatschef nach Trumps Wahlsieg. "Eine starke und unerschütterliche Führungsrolle der USA ist für die Welt und für einen gerechten Frieden unerlässlich", fuhr Selenskyj fort.
Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, die Unterstützung für Kiew im Abwehrkrieg gegen Russland massiv zu kürzen. Zudem versprach er wiederholt, den Krieg binnen 24 Stunden nach seinem Amtsantritt zu beenden. Die USA sind derzeit der größte finanzielle und militärische Unterstützer Kiews. Unter den künftigen Ministern Trumps sind viele Politiker, die diese Hilfen für die Ukraine scharf kritisieren.
In einem Interview im ukrainischen Radio ergänzte Selenskyj er strebe die Beendigung des Krieges mit Russland "mit diplomatischen Mitteln" an. Der russische Präsident Wladimir Putin wolle aber "überhaupt keinen Frieden", sagte Selenskyj. Selenskyj verwies in dem Interview auf die "wirklich komplizierte" Lage an der Front in der Ostukraine, wo die russische Armee seit Monaten vorrückt. "Unsererseits müssen wir alles tun, damit dieser Krieg nächstes Jahr endet", sagte Selenskyj. "Wir müssen ihn mit diplomatischen Mitteln beenden", fügte er hinzu.
Auf die Frage nach Vorbedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen mit Russland sagte Selenskyj, solche Gespräche seien nur möglich, wenn die Ukraine dabei "nicht allein mit Russland" und in einer "starken" Position sei. "Wenn wir nur mit Putin reden, nur mit einem Mörder" und die Ukraine vorher nicht "gestärkt" werde, könne sie in solchen Verhandlungen nur "verlieren", sagte Selenskyj.
Putin gibt sich offen für Dialog
Nach Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow wartet Moskau nun auf die von Trump angekündigten Vorschläge zur Beendigung des Krieges. Bisher könne sich Russland nicht vorstellen, wie Trump seine Ankündigung umsetzen wolle, den Krieg innerhalb von 24 Stunden zu beenden. "Wir betonen regelmäßig, dass ein Politiker, der sagt, dass er nicht für den Krieg, sondern für den Frieden ist, auf jeden Fall Aufmerksamkeit verdient", sagte Lawrow.
Der Kreml hatte sich - wie Selenskyj - gegen ein neues Einfrieren des Konflikts ausgesprochen. Die russische Führung betont immer wieder, dass eine dauerhafte Lösung gefunden werden müsse. Trump hatte nach seinem Sieg bei der Präsidentenwahl am 5. November mit Selenskyj gesprochen, zu einer Unterhaltung mit Putin kam es nach Kremlangaben bisher noch nicht.
Putin hatte Trump öffentlich zum Sieg bei der Wahl gratuliert und sich offen gezeigt für eine Wiederaufnahme des Kontakts. Der Kreml erklärte zudem mehrfach, dass Moskau auch einen Anruf Trumps erwarte und offen sei für einen Dialog über die Beendigung des Krieges. Am Freitag kam es zu einem Telefonat Putins mit Bundeskanzler Olaf Scholz.
Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa