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Die Kriegsnacht im Überblick Selenskyj verurteilt Turbinen-Lieferung - Putin und Erdogan sprechen über Getreidekrise

Selenskyj kritisiert die geplante Lieferung der Gasturbine.

Selenskyj kritisiert die geplante Lieferung der Gasturbine.

(Foto: picture alliance/dpa/Ukrainian Presidential Press Office/AP)

Die geplante Lieferung einer gewarteten Turbine für die Pipeline Nord Stream 1 sorgt bei Präsident Selenskyj für Unverständnis. Der Schritt werde in Moskau als "Manifestation der Schwäche" ausgelegt, warnt er. Zugleich gehen die USA davon aus, dass der Iran "Hunderte" Drohnen an Russland liefern will.

Selenskyj: Moskau sieht "Manifestation der Schwäche"

Die Ukraine protestiert heftig dagegen, dass Kanada auf Drängen der Bundesregierung die Ausfuhr einer reparierten Turbine für die aus Russland kommende Gaspipeline Nord Stream 1 genehmigt hat. Angesichts dieser "inakzeptablen Ausnahme beim Sanktionsregime gegen Russland" sei der kanadische Botschafter einbestellt worden, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Telegram. Selenskyj warnte vor Zugeständnissen an Russland aufgrund der Sorge vor Energieengpässen in Europa. Die geplante Lieferung der Turbine sende ein völlig falsches Signal an Moskau, sagte er in einer Videobotschaft. Die Entscheidung über eine "Ausnahme bei den Sanktionen" werde in Moskau als "Manifestation der Schwäche" wahrgenommen, sagte Selenskyj.

"Das ist ihre Logik. Und jetzt besteht kein Zweifel daran, dass Russland versuchen wird, die Gaslieferungen nach Europa nicht nur so weit wie möglich einzuschränken, sondern im akutesten Moment vollständig einzustellen." Jedes Zugeständnis werde von Moskau als Anreiz für weiteren, stärkeren Druck wahrgenommen, meinte er. "Russland hat sich im Energiesektor nie an die Regeln gehalten und wird es auch jetzt nicht tun, es sei denn, er sieht Stärke." Eine Regierungssprecherin sagte am Montag in Berlin, die Lieferung der Turbine falle nicht unter die EU-Sanktionen, weil diese sich aus gutem Grund nicht gegen den Gastransit richteten.

USA: Iran will Drohnen an Russland liefern

Die Vereinigten Staaten haben Hinweise, wonach der Iran Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen will. "Unsere Informationen zeigen, dass die iranische Regierung sich darauf vorbereitet, schnell mehrere Hundert unbemannte Luftfahrzeuge bereitzustellen, darunter auch solche, die Waffen transportieren können", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, in Washington. Iran werde auch Russen ausbilden, diese umgangssprachlich oft als Drohnen beschriebenen Luftfahrzeuge einzusetzen, sagte Sullivan weiter. Ein solches Training könne laut US-Kenntnissen bereits Mitte Juli beginnen. Es sei aber unklar, ob schon solche Waffen geliefert worden seien.

Massenflucht aus dem Donbass

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor viereinhalb Monaten sind nach Behördenangaben allein aus dem regierungskontrollierten Teil der umkämpften Region Donezk im Osten der Ukraine rund 1,3 Millionen Menschen geflohen. Laut Gouverneur Pawlo Kyrylenko entspricht das etwa 80 Prozent der Zivilbevölkerung. Seit Russland die Kontrolle über die Region Luhansk übernommen hat, hat sich der Schwerpunkt der Kämpfe ins benachbarte Donezk verlagert.

Zahl der Toten steigt nach Raketenangriff auf Tschassiw Jar

Nach einem Raketenangriff auf Tschassiw Jar im Gebiet Donezk ist die Zahl der aus einem zerstörten Wohnhaus geborgenen Toten auf mehr als 30 gestiegen. Das ukrainische Innenministerium sprach am Montag von 33 Leichen. Neun Menschen seien seit dem Wochenende aus den Trümmern gerettet worden. Die ukrainische Seite wirft Russland vor, Zivilisten attackiert zu haben. Moskau behauptet, man habe ein militärisches Ziel zerstört. Am Montagabend berichtete die russische Seite über Verletzte bei einem Angriff der Ukraine nahe Nowa Kachowka. Berichte aus den Kampfgebieten lassen sich von unabhängiger Seite kaum prüfen.

Putin und Erdogan sprechen über Getreidekrise

Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan haben über mögliche Lösungen des Streits um Getreideexporte aus der Ukraine telefoniert. Es sei Zeit für die Vereinten Nationen, den Plan für einen Getreidekorridor durch das Schwarze Meer umzusetzen, hieß es in einer Mitteilung des türkischen Präsidialamts. Der Kreml teilte mit, bei dem Gespräch sei es auch um wirtschaftliche Zusammenarbeit gegangen. Die Rede war zudem von einem geplanten "russisch-türkischen Treffen auf höchster Ebene" in nächster Zeit. Später schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Twitter, auch er habe mit Erdogan über Möglichkeiten zur Entsperrung von Häfen und der Wiederaufnahme des Getreideexports gesprochen.

Ahndung von Kriegsverbrechen könnte Jahre dauern

Generalbundesanwalt Peter Frank dämpft die Hoffnung auf schnelle Erfolge bei der Strafverfolgung von Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg. "Bitte erwarten Sie nicht, dass wir morgen oder übermorgen irgendwelche Beschuldigte identifiziert haben", sagte Frank beim Jahrespresseempfang der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Im Völkerstrafrecht brauche man "einen langen Atem". Er zog Parallelen zum syrischen Bürgerkrieg, der 2011 begonnen hatte. Erst 2019 sei in Deutschland die erste Anklage erhoben worden. Bis zum ersten rechtskräftigen Urteil seien zehn Jahre vergangen. Zum Ukraine-Krieg gebe es "namentlich noch überhaupt keine personenbezogenen Ermittlungsverfahren", sagte Frank.

Das wird am Dienstag wichtig

  • Die Welthungerhilfe stellt in Berlin ihren Jahresbericht vor und erläutert unter anderem, welche Auswirkungen der Ukraine-Krieg auf den Mangel an Nahrungsmitteln weltweit hat.
  • In Prag wollen die EU-Justizminister bei einem informellen Treffen unter anderem über die Sicherung von Beweismitteln im Ukraine-Krieg sprechen.
  • In Moskau hat das ostukrainische Separatistengebiet "Volksrepublik Donezk" die Eröffnung einer Vertretung angekündigt und erwartet dazu auch den russischen Außenminister Sergej Lawrow.

Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, jpe/dpa

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