Ex-Präsident fördert Ex-Kritiker Trump lässt in Ohio ersten Testballon steigen
02.05.2022, 20:38 Uhr
J.D. Vance nannte Ex-Präsident Trump 2016 noch einen Idioten.
(Foto: REUTERS)
Die Vorwahlen im US-Bundesstaat Ohio gelten vielen als erste wichtige Machtprobe in der republikanischen Partei dieses Jahr. Der ehemalige US-Präsident Trump will offenbar seinen Einfluss testen - und unterstützt einen Kandidaten, dessen Namen er nicht mal kennt.
In Ohio wird sich am Dienstag zeigen, wie viel politisches Gewicht der ehemalige US-Präsident Donald Trump momentan auf die Waage bringt. Die internen Vorwahlen dort gelten US-amerikanischen Medien als erster ernstzunehmender Test seines Einflusses auf die republikanische Partei im Jahr 2022. Trump unterstützt einen Bewerber, der zuvor nicht wirklich als Favorit galt, nun aber gute Chancen hat, im November als republikanischer Kandidat in die Zwischenwahlen zum Senat starten zu dürfen.
J.D. Vance, so der Name von Trumps Schützling, fiel anfangs nicht unbedingt durch Loyalität zu seinem jetzigen Förderer auf: "Mein Gott, was für ein Idiot", twitterte der Bestsellerautor 2016 über den späteren US-Präsidenten. "Ich bin ein Nie-Trump-Kerl, ich habe ihn nie gemocht", sagte er im selben Jahr in einem Interview über den Rechtspopulisten. Sogar mit Hitler soll er Trump einmal verglichen haben.
Doch die Zeiten haben sich geändert: Inzwischen will der Autor der von Netflix verfilmten Erfolgs-Autobiografie "Hillbilly-Elegie" für Trumps Republikaner in den US-Senat einziehen - und zeigt sich als glühender Anhänger des Ex-Präsidenten. "Er ist der beste Präsident in meiner Lebenszeit", sagte der 37-Jährige kürzlich bei einem gemeinsamen Wahlkampfauftritt mit Trump in seinem Heimatstaat Ohio. Wie sein Vorbild wettert Vance gegen China, die Einwanderung über Mexiko, "Big Tech", liberale Werte und die "Eliten" in Washington.
Ein Sieg würde Trumps Status als Königsmacher festigen
Mitte April verkündete Trump seine Unterstützung für Vance, obwohl die Führungsriege der republikanischen Partei in Ohio ihn gebeten hatte, Neutralität zu bewahren. "Er ist ein Kerl, der einigen Scheiß über mich gesagt hat", rief Trump seinen Anhängern bei einem gemeinsamen Auftritt mit Vance zu. "Aber wisst ihr was? Alle anderen haben das auch getan." Trump sieht über frühere Aussagen Vances und die Bitten seiner Parteifreunde hinweg, womöglich, weil er größeres im Sinn hat: Die Vorwahl in Ohio werde zeigen, wie viel die politische Unterstützung Trumps wert sei, sagte CNN-Kommentator Chris Cillizza – es scheint, als wollte auch Trump selbst diese Frage beantwortet haben.
Dafür spricht ein Wahlkampfauftritt Trumps vom Sonntag, bei dem ihm offenbar entfallen war, wen er genau für den besten Kandidaten in Ohio hält. Er schaute fragend ins Publikum: "Wir unterstützen J.P., oder?" Dann schien er offenbar den richtigen Namen gefunden zu haben: "J.D. Mandel!" Tatsächlich aber hatte Trump die Namen der zwei aussichtsreichsten Kandidaten in Ohio durcheinandergebracht: Den von ihm unterstützten J.D. Vance und seinen Widersacher Josh Mandel, der laut "New York Times" lange als Favorit galt und bei den Konservativen ebenfalls mächtige Unterstützer hat.
Trumps Einfluss auf die Vorwahlen in Ohio war allerdings schon lange vor dessen Einmischung offensichtlich. Im Wahlkampf spielte die Frage, wer Trump und seiner Politik gegenüber wirklich loyal ist, eine zentrale Frage. Die Gegner von J.D. Vance etwa wenden viel Geld dafür auf, dessen Trump-kritische Kommentare ins Bewusstein der Wähler zu rufen. Die britische "Daily Mail" liest den Wahlkampf gar als den Versuch der Kandidaten, sich gegenseitig zu "über-Trump-fen".
Sollte Vance unterliegen, wäre das auch für den Ex-Präsidenten eine Schlappe. Ein Sieg dagegen würde Trumps Status als Königsmacher der Republikaner festigen. Die "Washington Post" mutmaßte zuletzt gar, Vance könnte in diesem Fall der Vize-Kandidat Trumps werden, sollte dieser sich - wie von vielen erwartet - 2024 erneut für das Weiße Haus bewerben.
Quelle: ntv.de, mit rts