Politik

Real, irreal, ganz egal Trumps Muslimbann soll nicht so heißen

Den Stift, mit dem Donald Trump sein Dekret unterzeichnete, reichte er anschließend seinem Verteidigungsminister James Mattis.

Den Stift, mit dem Donald Trump sein Dekret unterzeichnete, reichte er anschließend seinem Verteidigungsminister James Mattis.

(Foto: AP)

Im Wahlkampf forderte Donald Trump ein Einreiseverbot für Muslime in die Vereinigten Staaten. Jetzt gibt es ein solches Verbot, doch mit Muslimen soll es auf einmal nichts mehr zu tun haben.

07.50 Uhr in Washington, Präsident Donald Trump ist wach und greift zum Telefon. "Alle streiten darüber, ob es ein BANN ist", twittert er am Mittwochmorgen. "Nennt es, wie ihr wollt, es geht darum, böse Menschen (mit bösen Absichten) aus unserem Land herauszuhalten!"

Angesichts des aggressiven Tons merkt man es nicht gleich, aber auf einem eigentlich unwichtigen Nebenkriegsschauplatz ist Trump in die Defensive geraten. Schuld daran sind widersprüchliche Aussagen über seinen "Muslimbann" – das befristete Einreiseverbot für die Menschen aus sieben muslimischen Ländern.

Doch Moment: Einen "Muslimbann" gibt es ja gar nicht. Jedenfalls nicht mehr. Auf die Frage eines Journalisten dazu betonte der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, am Dienstag, es sei "kein Einreiseverbot". Man wolle lediglich sichergehen, dass die Menschen aus den betreffenden sieben Staaten "ordentlich überprüft" würden.

Schon am Sonntag hatte Trump selbst eine Erklärung veröffentlicht, in der es heißt: "Um es deutlich zu sagen, dies ist kein Muslimbann, wie die Medien fälschlich berichten."

Allerdings hatte Trump selbst nur wenige Stunden zuvor das Wort "Bann" auf seinem Twitter-Account benutzt. Wäre das Einreiseverbot ("ban") mit einer Vorankündigung von einer Woche in Kraft getreten, hätten die "Bösen" noch schnell in die USA kommen können, schrieb er.

Darauf angesprochen, sagte Spicer, der Präsident benutze Wörter, die die Medien benutzten. Das kann man plausibel finden. Man kann es aber auch für eine ziemlich fadenscheinige Ausrede halten.

"Sehr, sehr strenges Einreiseverbot"

Noch am Samstag hatte Trump gesagt, es werde ein "sehr, sehr strenges Einreiseverbot" und "extreme Überprüfungen" geben. Auch seine Beraterin Kellyanne Conway sprach am Sonntag von einem "ban on travel", also einem Einreisestopp. Und am Montag sagte Spicer bei einem Auftritt in der George-Washington-Universität, bei dem Einreisestopp gehe es um sieben Länder, die bereits die Obama-Regierung als potenziell gefährlich identifiziert habe. Dabei benutzte er den Ausdruck "ban".

"Muslim ban" war stets das Schlagwort für Trumps Forderung vom Dezember 2015. "Donald J. Trump fordert ein totales und vollständiges Einreiseverbot für Muslime in die Vereinigten Staaten, bis die Vertreter unseres Landes herausfinden, was zu Hölle eigentlich los ist", verlas er damals bei einem Wahlkampfauftritt. Das Wort "ban" benutzte er nicht; er sprach jedoch unmissverständlich von einem "total and complete shutdown of Muslims entering the United States". Auf seiner Wahlkampf-Webseite findet sich diese Erklärung noch immer. Die Überschrift lautet: "Erklärung über die Verhinderung muslimischer Einwanderung". Deutlicher geht es kaum.

Kurzum: Es ging von Anfang an darum, Muslime an der Einreise in die USA zu hindern. Trumps Wahlkampfhelfer, der New Yorker Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani, erklärte am vergangenen Wochenende im Interview mit Fox News wie es zu dem Erlass kam. "Als er es zuerst ankündigte, sagte er Muslimbann", sagte Giuliani über Trump. "Er rief mich an. Er sagte: Stell' eine Kommission zusammen. Zeig mir, wie man es juristisch einwandfrei macht." Genau das habe er, Giuliani, auch gemacht. Statt auf Religion habe man sich darauf verlegt, auf die Gefährlichkeit der Herkunftsländer zu achten. Damit habe der Erlass "eine faktische Basis, keine religiöse Basis". Das sei "vollkommen legal, vollkommen vernünftig". Beim Einreiseverbot gehe es darum, "wo es substantielle Hinweise gibt, dass Leute Terroristen in unser Land schicken".

Anders als von Trump ursprünglich angekündigt ist der Muslimbann allerdings nicht "total und vollständig", sondern betrifft nur sieben Länder. Dabei fällt auf: Seit dem 11. September 2001 wurde nicht ein einziger US-Bürger von Terroristen aus diesen Ländern ermordet. Auch kein Attentäter des 11. September 2001 kam aus diesen Ländern. Zugleich fehlen auf Trumps Liste Staaten, in denen er geschäftliche Interessen hat. Warum Pakistan nicht darauf ist, konnte auch Giuliani nicht erklären. Mit Blick auf Saudi-Arabien sagte er, das Land habe sich verändert. Das Saudi-Arabien, mit dem Trump zu tun habe, sei ein vollkommen anderes Land als das, mit dem Barack Obama zu tun gehabt habe. Auch das kann man plausibel finden. Oder für eine fadenscheinige Ausrede halten.

Trumps heutiger Vizepräsident Mike Pence hatte die Forderung nach einem Einreiseverbot für Muslime Ende 2015 übrigens verfassungswidrig genannt. Und erst vor einem halben Jahr sagte Trumps Verteidigungsminister James Mattis, Forderungen wie diese ließen die Verbündeten der USA denken, "dass wir unser Vertrauen in die Vernunft verloren haben". "Solche Dinge verursachen genau jetzt großen Schaden, und sie senden Schockwellen durch die Welt."

Als Trump das Dekret unterzeichnete, auf dessen Grundlage die Bürger von sieben muslimischen Staaten ausgesperrt werden, standen zwei Männer hinter ihm: Pence und Mattis. Beide applaudierten. Sie leben mittlerweile in Trumps Welt. Da kümmert man sich nicht um das eigene Geschwätz von gestern.

Quelle: ntv.de

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