Zur Halbzeit in Dubai UN-Klimachef nennt Schlussentwurf "Grabbeltüte"
06.12.2023, 16:41 Uhr Artikel anhören
"Es ist Zeit für Erwachsene, sich wie Erwachsene zu benehmen": Sonnenuntergang in Dubai.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Auf der Klimakonferenz in Dubai wird heftig über den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter gestritten. Die EU und die USA sind dafür, Saudi-Arabien und Indien zeigen Widerstand. Der oberste UN-Klimabeauftragte warnt zur Halbzeit davor, statt höchster Ambitionen nur den kleinsten Nenner zu beschließen.
UN-Klimachef Simon Stiell hat die knapp 200 Staaten auf der UN-Klimakonferenz in Dubai mit deutlichen Worten zu mehr Ehrgeiz angespornt. "Lasst uns ehrlich sein: Gute Absichten allein halbieren nicht die Emissionen in diesem Jahrzehnt, und sie retten jetzt und hier auch keine Leben", sagte er. Der vorliegende Entwurf für das Abschlussdokument, im UN-Jargon globale Bestandsaufnahme genannt, sei eine "Grabbeltüte von Wunschzetteln", rügte er. "Das müssen die Verhandlungsparteien jetzt sortieren - und dann mit einem klaren Statement das Ende des fossilen Zeitalters einläuten, so wie wir es kennen."
Gemeint ist, den schrittweisen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas förmlich zu beschließen. Auf der Konferenz unterstützen das inzwischen gut 100 Staaten, doch es gibt Widerstand. Nach Informationen von Umweltverbänden stemmen sich unter anderem der Ölstaat Saudi-Arabien und Indien, das stark auf Kohle setzt, gegen eine Verpflichtung zum Ausstieg aus fossilen Energien. Die Teams bräuchten den klaren Marschbefehl: Es gehe um die höchsten Ambitionen, nicht um kleinste gemeinsame Nenner. "Ende nächster Woche muss die COP28 einen Hochgeschwindigkeitszug ausliefern, um den Klimaschutz zu beschleunigen. Bei uns tuckert aber derzeit ein alter Bummelzug über wacklige Gleise. Doch: Die Werkzeuge liegen alle auf dem Tisch, die Technologien und Lösungen sind vorhanden", sagte der Leiter des UN-Klimasekretariats (UNFCCC) Stiell.
Vorsichtiger Optimismus aus Deutschland
Auch der EU-Kommissar Wopke Hoekstra sagte, es sei noch viel zu tun auf dem UN-Treffen, das am Dienstag enden soll. Spätestens 2025 müsse die Welt den Höhepunkt bei den klimaschädlichen Emissionen erreichen, und bis 2030 den Ausstoß um 43 Prozent drücken. "Der Knackpunkt, worüber wir natürlich alle reden, ist der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen", sagte er. Er wolle noch einmal klarstellen, wofür die Europäische Union stehe: "Ich möchte, dass diese COP den Anfang vom Ende für fossile Brennstoffe markiert." Vorsichtiger Optimismus kam von der deutschen Delegation. "Ein gutes Ergebnis ist möglich, aber es wird nicht einfach", sagte die deutsche Klima-Beauftragte und Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, Jennifer Morgan.
Neben der EU bekannten sich auch die USA zu einem weitgehenden Auslaufen der fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas. Es gebe keinen anderen Weg, um bis 2050 die klimaschädlichen Treibhausgase auf nahe null zu drücken, sagte der US-Klimabeauftragte John Kerry in Dubai. In einigen Sektoren werde man aber auf absehbare Zeit weiter fossile Energieträger brauchen, etwa in der Zement- und Stahlerzeugung. Hier müsse das Kohlendioxid dann aber abgeschieden und gespeichert werden. Mit Blick auf den Widerstand Saudi-Arabiens und Indiens sagte Kerry: "Es ist Zeit für Erwachsene, sich wie Erwachsene zu benehmen."
Erst am Dienstag hatte der Bericht zum globalen Kohlenstoffbudget gezeigt, dass die CO2-Emissionen weiter steigen. Sie erreichen demnach 2023 mit voraussichtlich 36,8 Milliarden Tonnen einen Rekordwert. Das sind 1,1 Prozent mehr als 2022 und 1,4 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP