Wagner-Pläne waren bekannt US-Dienste hielten wohl Aufstand-Details zurück
27.06.2023, 11:58 Uhr Artikel anhören
Wagner-Söldner besetzten am Samstag die südrussische Stadt Rostow am Don.
(Foto: picture alliance/dpa/Kommersant Publishing House)
Während der Wagner-Aufstand am Wochenende viele Beobachter überrascht, wussten die US-Geheimdienste offenbar vorab Bescheid. Doch ihre Informationen hielten sie zusammen, wie ein US-Sender berichtet. Auch die NATO-Kollegen wurden nicht unterrichtet.
US-Geheimdienste hatten einem Medienbericht zufolge detaillierte Informationen über den bewaffneten Aufstand der Wagner-Söldner, hielten diese aber zurück. Wie der US-Sender CNN berichtet, hätten Geheimdienstmitarbeiter gewusst, wo und wie die von Jewgeni Prigoschin befehligten Söldner planten, auf Moskau vorzurücken. Diese Informationen hätten sie aber nicht mit NATO-Beamten geteilt, sondern nur mit einigen hochrangigen britischen Offiziellen, sagte eine Quelle dem US-Sender.
Am vergangenen Freitagabend war der Machtkampf zwischen Prigoschin und der russischen Militärführung eskaliert. Vorausgegangen war ein angeblicher Angriff auf ein Wagner-Lager in der Ukraine. Prigoschin warf dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu vor, die Bombardierung befohlen zu haben. Im Anschluss rief er seine Kämpfer zum "Marsch der Gerechtigkeit" gegen die russische Militärführung auf. Im Laufe des Samstags drangen seine Kämpfer bis in die Region Lipezk rund 400 Kilometer südlich von Moskau vor. Einen Tag später machte Prigoschin dann überraschend eine Kehrtwende und kündigte die Rückkehr seiner Söldner in ihre Feldlager an.
Sorge vor russischer Spionage
Mit Überraschung verfolgten am Wochenende viele westliche Beobachter die Geschehnisse in Russland. Die Bundesregierung war laut "Spiegel"-Bericht erst am Freitagabend vom BND über den Aufstand unterrichtet worden. Dem CNN-Bericht zufolge äußerten zudem einige NATO-Beamte ihre Enttäuschung darüber, dass die Informationen nicht weitergegeben wurden. Die US-Quellen hätten jedoch entgegnet, dass äußerst sensible Quellen und Methoden nicht gefährdet werden sollten. Auch die ukrainische Seite soll nicht vorab informiert worden sein. Weiter hieß es, es habe die Sorge gegeben, dass Russland die Kommunikation zwischen der Ukraine und den USA abhöre.
Zuvor meldeten US-Medien bereits am Sonntag, dass US-Geheimdienste schon im Vorfeld Hinweise auf die Pläne von Prigoschin hatten. Geheimdienstvertreter hätten bereits einen Tag vor Beginn des Aufstands Vertreter des Weißen Hauses, des Verteidigungsministeriums und des Kongresses über die Möglichkeit von Unruhen in Russland informiert, berichteten die "Washington Post" und die "New York Times".
Erste Hinweise auf ein geplantes Vorgehen Prigoschins und seiner Söldnergruppe Wagner gegen die Militärführung hatten die Geheimdienste der "Washington Post" zufolge bereits Mitte des Monats. Mitte der Woche hätten sich die Hinweise dann derart verdichtet, dass es in Washington eine Reihe von Geheimdienstbriefings gab, hieß es in der "New York Times". Der "Washington Post" zufolge gehen die US-Geheimdienstler davon aus, dass der russische Präsident Wladimir Putin selbst bereits mindestens einen Tag vor dem Beginn des Aufstands über die geplante Rebellion informiert war.
Quelle: ntv.de, ses/AFP