Kein Lebenszeichen aus China Uigure versehentlich abgeschoben
06.08.2018, 14:54 Uhr
Immer wieder gibt es Abschiebe-Flüge (Foto Archiv). Ein Uigure wurde rechtswidrig abgeschoben.
(Foto: picture alliance / Patrick Seege)
Bayerische Behörden schieben einen Asylbewerber rechtswidrig nach China ab, obwohl er noch ein laufendes Verfahren hat. Der Fall ist brisant, weil er Teil der uigurischen Minderheit ist. Diese wird in China verfolgt. Derzeit gibt es kein Lebenszeichen des Mannes.
Erneut ist es zu einer fehlerhaften Abschiebung gekommen: Die bayerischen Behörden haben einen uigurischen Asylbewerber wegen einer bürokratischen Panne trotz laufenden Verfahrens nach China abgeschoben. Der Mann wurde am 3. April in ein Flugzeug nach Peking gesetzt, obwohl über seinen Asylfolgeantrag noch nicht entschieden war. Das geht aus der Antwort von Innenminister Joachim Herrmann auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Margarete Bause hervor. Demnach ging bei der zuständigen Ausländerbehörde in München "keine Mitteilung des Bundesamts" für Migration und Flüchtlinge über den Folgeantrag ein, heißt es in Herrmanns Brief, über den zuerst der Bayerische Rundfunk berichtete. Der Mann soll 22 oder 23 Jahre alt sein.
Die Abschiebung nach Peking erfolgte dem Bericht zufolge wenige Stunden vor einem Termin, bei dem der Mann seinen Asylfolgeantrag hätte mündlich begründen müssen. Hintergrund sei eine Behördenpanne. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe an die zuständige Ausländerbehörde zwar ein Fax mit dem Hinweis auf den Termin geschickt. Dieses Fax sei aber wohl nicht angekommen. Die Ausländerbehörde teilte dem Sender mit, das Fax sei "trotz intensiver Recherche bis heute nicht aufgefunden worden". "Es haben umfangreiche Nachermittlungen stattgefunden, die leider ebenfalls nicht zur Aufklärung geführt haben", hieß es weiter.
Die Behörde bestätigte, dass ein Fehler vorliege. "Wir bedauern sehr, dass eine Abschiebung trotz eines wirksam gestellten Asylfolgeantrags erfolgt ist - es war nie die Absicht der Ausländerbehörde München, die Rechte des von der Abschiebung betroffenen Ausländers zu verkürzen." Auch das Bamf bestätigte demnach grundsätzlich, dass eine Abschiebung rechtlich in einer solchen Konstellation unzulässig sei. Seit der Ankunft des Mannes gebe es kein Lebenszeichen mehr von ihm, berichtete der Bayerische Rundfunk. Womöglich befinde sich der zuletzt in München lebende Mann im Gefängnis. Die Grünen sprachen von einem "Skandal" und einem Fall von "Behördenversagen".
Menschenrechtsverletzungen gegen die Uiguren
Margarete Bause kritisierte den Fall als "skandalösen Fall von Behördenversagen". Das Auswärtige Amt müsse den Mann finden und zurückzuholen. "Es geht um Leben und Tod", sagte sie. Nach Recherchen des britischen "Economist" könnten in Xinjiang seit 2016 bis zu eine halbe Million der ethnischen Minderheit der Uiguren in Arbeits- und Umerziehungslagern verschwunden sein. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch geht von massiven Menschenrechtsverletzungen aus. Der erste Asylantrag des 23-Jährigen war 2016 abgelehnt worden, weil er nach Einschätzung des Bundesamts legal mit einem gültigen Reisepass aus China ausgereist war und damit mutmaßlich nicht verfolgt wurde.
Erst vor Kurzem hatte der Fall eines Afghanen für Aufsehen gesorgt, der Anfang Juli mit einem Charterflug aus München in sein Heimatland abgeschoben worden war. Zwei Wochen später wurde bekannt, dass der 20-Jährige wegen eines laufenden Verfahrens am Verwaltungsgericht Greifswald zu diesem Zeitpunkt nicht hätte abgeschoben werden dürfen. Er hatte gegen die Ablehnung seines Asylantrags geklagt. In der Woche nach der Abschiebung hätte der Flüchtling vor Gericht angehört werden sollen.
Quelle: ntv.de, sgu/AFP/dpa