Politik

Gedenkfeier in Speyer Unionsstreit bestimmt Kohls Todestag

Auch ein Jahr nach seinem Tod schmückt lediglich ein schlichtes Holzkreuz das Grab von Helmut Kohl.

Auch ein Jahr nach seinem Tod schmückt lediglich ein schlichtes Holzkreuz das Grab von Helmut Kohl.

(Foto: dpa)

Politiker mehrerer Parteien und frühere Wegbegleiter versammeln sich am ersten Todestag von Helmut Kohl am Grab des früheren Bundeskanzlers, um des CDU-Politikers zu gedenken. Doch auch die aktuelle Krise der Union spielt eine Rolle.

Als die schwarz gekleidete Witwe vor dem Grab Helmut Kohls innehält und den Kopf senkt, legt sich Stille über den Adenauer-Park in Speyer. Nur das Zwitschern der Vögel ist zu hören. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer legt eine Hand auf den Rücken von Maike Kohl-Richter. Es wirkt, als müsste sie der Witwe Halt geben. Am ersten Todestag des früheren Bundeskanzlers stehen etwa 150 Wegbegleiter, politische Freunde und Passanten am Grab des früheren CDU-Vorsitzenden.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer (l.) gedenkt gemeinsam mit Kohls Witwe Maike Kohl-Richter des früheren Bundeskanzlers.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer (l.) gedenkt gemeinsam mit Kohls Witwe Maike Kohl-Richter des früheren Bundeskanzlers.

(Foto: dpa)

Der frühere Kanzler und rheinland-pfälzische Ministerpräsident war am 16. Juni 2017 im Alter von 87 Jahren in seinem Haus in Ludwigshafen-Oggersheim gestorben. Kein deutscher Bundeskanzler war bisher länger im Amt als der Christdemokrat, der das Land von 1982 bis 1998 regierte. Er trug maßgeblich zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990 bei und hat die europäische Integration angetrieben. Kohl war der erste Politiker in der Geschichte, für den ein europäischer Trauerakt ausgerichtet worden war.

Weil nach dem Gedenken schon der nächste Termin in der Kirche St. Josef naht, hat Kohl-Richter etliche Hände zu schütteln. Es gilt Kommunalpolitiker unterschiedlicher Parteien am Ausgang des Parks zu verabschieden, auch Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck von der SPD ist gekommen. Mitglieder der CDU-Kreisverbände Ludwigshafen und Speyer umarmen die Witwe und sprechen aufmunternde Sätze. Die etwas späte und gleichwohl überraschende Ankunft des EU-Parlamentariers Elmar Brok von der CDU sorgt bei einigen für ein kurzes Schmunzeln und nimmt diesem schwülheißen Samstag gleichwohl die Schwere.

Gekommen, "um einen großen Mann zu ehren"

Stand 16 Jahre an der Spitze Deutschlands: Helmut Kohl.

Stand 16 Jahre an der Spitze Deutschlands: Helmut Kohl.

(Foto: dpa)

Brok schreitet schnellen Schrittes zu der Gedenkfeier, als diese schon fast vorbei ist. "Ich hatte einen langen Weg", sagt er, der eigenen Angaben zufolge aus Münster anreiste, wo er einen Vortrag gehalten hatte. Ihn begleitet Maike Kohl-Richter noch einmal zum Grab ihres toten Ehemannes, wo beide kurz innehalten. Am Rande des Gedenkens sagt Brok, er sei gekommen, "um einen großen Mann zu ehren". Der EU-Parlamentarier erinnert an Kohls Verdienste für Deutschland und Europa. Auch mit Blick auf den Asylstreit zwischen CDU und CSU äußert sich der 72 Jahre alte Brok. Wie könnte es am Grab des Vollblutpolitikers Kohl auch anders sein?

Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer will Migranten an der Grenze zurückweisen lassen, die schon in einem anderen EU-Land Asyl beantragt haben. Das stößt auf breite Kritik, auch in der CDU. So habe auch Kohl schwere Konflikte mit der bayerischen Schwesterpartei ausgefochten, sagt Brok. "Aber er hatte Durchsetzungsvermögen und ist in den wichtigen Fragen nicht zurückgewichen", fügt er hinzu. Ob das Kritik am abwartenden Kurs von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel ist oder eine Ermunterung an ihre Adresse, das bleibt offen.

An die CSU jedenfalls hat Brok eine Botschaft, auch wenn er die Partei nicht beim Namen nennt. "Aus parteitaktischen Erwägungen sollte man nicht die Zukunft Europas gefährden", sagt er knapp. Dass Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer bei den CDU-Mitgliedern um Unterstützung für den Kurs der Kanzlerin im Streit mit der CSU geworben hat, sei richtig.

Quelle: ntv.de, Stephen Wolf, dpa

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