Politik

Impeachment - darum geht es Verfahren gegen Trump als TV-Spektakel

Kann sich bald Ermittlungen gegen sich im Fernsehen angucken: US-Präsident Donald Trump.

Kann sich bald Ermittlungen gegen sich im Fernsehen angucken: US-Präsident Donald Trump.

(Foto: REUTERS)

Im US-Kongress werden die Türklinken nicht mehr kalt, in den Impeachment-Untersuchungen jagt ein Zeuge den nächsten. Wie ist der Stand in Sachen Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Trump? Und wie wahrscheinlich ist es, dass es dazu kommt?

Seit einer gefühlten Ewigkeit, in Jahren ausgedrückt sind es drei, macht das Thema Amtsenthebung gegen Donald Trump die Runde. Wer will sie, wer nicht, und warum? Die Ukraine-Affäre hat den Demokraten den entscheidenden Schubs gegeben. Seit Wochen hört der US-Kongress hinter verschlossenen Türen verschiedene Zeugen dazu an. US-Medien verschicken spezielle Newsletter, und in Umfragen spricht sich eine Mehrheit der US-Amerikaner zumindest für Untersuchungen gegen den republikanischen Präsidenten aus. Am Donnerstag votierte das Repräsentantenhaus mit seiner demokratischen Mehrheit dafür, die Untersuchungen gegen einen der umstrittensten US-Präsidenten aller Zeiten fortzusetzen.

Was bedeutet das?

Zeugen werden in Zukunft auch öffentlich befragt, es sind auch Journalisten und Fernsehkameras zugelassen. Die Amtsenthebungsuntersuchungen werden also aller Voraussicht nach zur TV-Show. Die Demokraten könnten sich damit keinen Gefallen tun, denn wenn jemand darin versiert ist, den Mediendiskurs zu steuern, ist es der Beschuldigte selbst. Trump war Jahrzehnte im Showgeschäft tätig. Offenbar halten die Demokraten die Beweislast gegen den Präsidenten aber für so erdrückend, dass sie es, erstens, tatsächlich für möglich halten, Trump aus dem Amt zu entfernen. Oder, zweitens, sich von den öffentlichen Untersuchungen einen Vorteil bei den Wahlen im November 2020 versprechen. Formal eröffnet ist das Verfahren noch nicht, aber es ist wesentlich wahrscheinlicher geworden, dass es geschehen wird.

Was soll Trump falsch gemacht haben?

Der Präsident soll vom Kongress bewilligte militärische Hilfsmillionen als Druckmittel genutzt haben, um die Ukraine zu Ermittlungen gegen den politischen Konkurrenten Joe Biden zu drängen. Zudem hätte Trump damit Steuergelder zum persönlichen Vorteil eingesetzt. Biden gilt als wahrscheinlichster Präsidentschaftskandidat der oppositionellen Demokraten, ausländische Einmischung in den US-Wahlkampf ist verboten. Bekannt wurde der Vorgang, weil ein Whistleblower in der CIA einen Bericht über ein verdächtiges Telefonat mit Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj verfasste und offiziell Beschwerde einreichte. Später forderte Trump zudem öffentlich die Ukraine dazu auf, gegen Biden zu ermitteln.

Welche Zeugen haben ausgesagt?

Die Ausschüsse des Repräsentantenhauses haben bislang eine ganze Reihe von Personen befragt, die das Telefongespräch mithörten. Dazu kommen die ausgebootete ehemalige US-Botschafterin der Ukraine und weitere Diplomaten. Alle haben den Präsidenten belastet. Das Weiße Haus hat eine Kooperationssperre mit den Ausschüssen verhängt, an die sich aber nicht alle Vorgeladenen gehalten haben. Man kann das als Treuetest verstehen: Wer seine Aussage verweigert, unterstützt den Präsidenten und darf seinen Job behalten, alle anderen laufen Gefahr, dass sie dessen Rache ereilt. Trump ist bekannt dafür, dass er Personen, die ihre eigenen Ansichten haben, ohne viel Aufhebens austauscht.

Wie ist die bisherige Beweislast?

Vieles ist Auslegungssache. Bislang ist zwar nichts über eine sogenannte "smoking gun", eine "rauchende Pistole", bekannt. Das heißt: Der unwiderlegbare Beweis fehlt, dass Trump die rund 400 Millionen US-Dollar zur Erpressung des ukrainischen Staatschefs zurückgehalten hat, um an "Schmutz" von Joe Biden zu kommen (oder die Anweisung dazu gab). Die Indizienlast scheint jedoch erdrückend zu sein. Dazu gehören etwa SMS, die zwischen den beteiligten Diplomaten hin und hergingen. In einer davon etwa sagt der US-Botschafter in der Ukraine, Bill Taylor, zu seinem Botschafterkollegen in der EU, Gordon Sondland: "Wie ich am Telefon gesagt habe, ich finde es verrückt, die Unterstützung wegen Wahlkampfhilfe zurückzuhalten."

Wie wahrscheinlich ist eine Amtsenthebung?

Sehr unwahrscheinlich. Außer, die Demokraten halten die "smoking gun" zurück, oder einer der öffentlich befragten Zeugen legt sie noch auf den Tisch. Das Prozedere ist folgendermaßen: Wenn die Ausschüsse ihre Untersuchungen abgeschlossen haben, stimmt das Repräsentantenhaus erneut ab, ob Trump aus dem Amt entfernt werden soll. Eine Mehrheit ist zu erwarten, da die Demokraten die Kammer dominieren. Dann folgt eine Verhandlung im Senat. Sie würde geleitet vom Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes, Richter John Roberts. Er gilt als konservativ, also republikanisch. Nach der Verhandlung muss der Senat mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen, um Trump aus dem Amt zu entfernen. Doch die Mehrzahl der Senatoren sind Republikaner. Sie dürften sich nur gegen Trump wenden, wenn sie sich einen politischen Vorteil davon erwarten; etwa um ihren Posten fürchten, weil sich ihre Wähler gegen den Präsidenten aussprechen. Dagegen spricht derzeit, dass die US-Amerikaner derzeit fast exakt entlang der Parteilinien für oder gegen eine Amtsenthebung sind.

Was wäre wenn?

Eröffnet der Kongress das formale Amtsenthebungsverfahren, wäre es historisch gesehen erst das vierte Mal - nach Andrew Johnson im Jahr 1868, Richard Nixon 1974 und Bill Clinton 1998. Nur eines führte zu einem Wechsel im Weißen Haus, aber nicht aufgrund einer durchgeführten Abstimmung. Sondern weil Nixon eine Niederlage erwartete und einer Senatsabstimmung mit seinem Rücktritt zuvorkam. Trump wäre also der erste US-Präsident der Geschichte, der vom Kongress des Amtes enthoben wird. Dann übernähme Vizepräsident Mike Pence bis zur Wahl 2020.

Quelle: ntv.de

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